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Ein differenzierter Blick auf Lean, Kanban, Scrum, Design Thinking und skalierte Agilität

Agilität hat sich längst als Schlüsselprinzip, als Mindset, fast schon als (Lebens-)Philosophie für den Erfolg in der heutigen Geschäftswelt etabliert. Unternehmen setzen zunehmend auf agile Methoden, um flexibler auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können. In der Vielfalt der agilen Ansätze ist es jedoch nicht immer einfach, die passende Methode für den jeweiligen Einsatzzweck zu finden. In diesem Blog-Beitrag werfen wir einen differenzierten Blick auf verschiedene agile Methoden, darunter Lean, Kanban, Scrum, Design Thinking sowie skalierte Agilität durch Nexus, SAFe und LeSS. Ziel des Blog-Beitrags ist es, Agilistinnen und Agilisten sowie Interessierte bei der Auswahl der geeigneten Methode zu unterstützen und zur Diskussion anzuregen.

Agile Grundprinzipien im Überblick

Bevor wir uns den spezifischen Methoden zuwenden, ist es wichtig, die gemeinsamen Grundprinzipien agiler Ansätze zu verstehen. Agilität bedeutet, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, eine enge Zusammenarbeit im Team zu fördern und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu etablieren. Diese Prinzipien bilden die Grundlage jeder agilen Methode und sind entscheidend für ihren Erfolg. Ein zentrales Beispiel sind agile Retrospektiven, in denen Teams regelmäßig ihre Arbeit reflektieren und Verbesserungspotenziale identifizieren.

Lean: Effizienz durch Eliminierung von Verschwendung

Lean ist nicht nur ein Begriff aus der Produktion, sondern hat auch in der agilen Welt Einzug gehalten. Ziel von Lean ist es, den Kundennutzen zu maximieren und gleichzeitig Verschwendung zu minimieren. Dabei stehen schlanke Prozesse im Vordergrund, die durch kontinuierliche Verbesserung ständig optimiert werden.

Ein praktisches Beispiel für Lean findet sich auch in der Softwareentwicklung: Lean Software Development, inspiriert von Lean-Prinzipien aus der Fertigungsindustrie. Durch die Eliminierung überflüssiger Schritte im Entwicklungsprozess, wie zum Beispiel unnötige Komplexität des Codes, können Entwicklerteams ihre Effizienz steigern und schneller auf Kundenanforderungen reagieren. Beispielsweise könnte ein Softwareentwicklungsteam, das Lean-Prinzipien anwendet, regelmäßige Code-Reviews durchführen, um überflüssigen Code zu identifizieren und zu eliminieren.

Kanban: Visualisierung und kontinuierlicher Fluss

Kanban ist eine Methode beziehungsweise ein Prinzip, das auf visueller Steuerung basiert. Es ermöglicht eine transparente Darstellung des Arbeitsprozesses und fördert einen kontinuierlichen Arbeitsfluss. Kanban eignet sich besonders für Teams, die eine flexible Vorgehensweise benötigen, ihre Prozesseffizienz steigern wollen und häufig wechselnde Prioritäten haben. Die visuelle Darstellung erleichtert zudem das Erkennen von Engpässen und die Optimierung des Workflows.

Ein praktisches und einfaches Beispiel für den Einsatz von Kanban im IT-Support ist der Einsatz eines digitalen Kanban-Boards. Hier werden offene Support-Tickets von der Anfrage bis zur Lösung in verschiedenen Spalten visualisiert. Teammitglieder können Tickets je nach Dringlichkeit verschieben und so einen kontinuierlichen Arbeitsfluss sicherstellen. Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von digitalen Kanban-Boards (oder auch Kanban-ähnlichen Ticketsystemen) ist die kontinuierliche Automatisierung und damit Optimierung von Prozess(teil)schritten, beispielsweise durch automatisierte Statusmeldungen an die Anfragenden.

Scrum: Iterative Entwicklung und klare Rollenverteilung

Scrum ist wohl eine der bekanntesten agilen Methoden und hat klare Strukturen. Mit festen Rollen wie Scrum Master, Product Owner und Entwicklungsteam bietet Scrum klare Verantwortlichkeiten. Die Entwicklung erfolgt iterativ in sogenannten Sprints, wodurch regelmäßige Anpassungen möglich sind. Scrum eignet sich besonders für Projekte mit komplexen Anforderungen und relativ hoher Unsicherheit über das gewünschte Ergebnis. Es kann in kurzen Zyklen kontinuierlich weiterentwickelt und verfeinert werden.

In der Produktentwicklung könnte ein Beispiel für Scrum die Einführung eines neuen Produkts sein. Das Entwicklungsteam arbeitet in kurzen Sprints an einzelnen „Features“ beziehungsweise Lösungen, während der Product Owner im Zusammenspiel mit den Stakeholdern die Anforderungen priorisiert und der Scrum Master Hindernisse aus dem Weg räumt. Diese klare Rollenverteilung ermöglicht eine effektive und effiziente Entwicklung.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Scrum zwar einen starken Produktfokus hat, aber in seinen Grundzügen in fast allen Szenarien eingesetzt werden kann. Vielmehr geht es um ein gefestigtes und kundenzentriertes agiles Mindset, um möglichst früh, iterativ und kontinuierlich Mehrwerte für den Auftraggebenden beziehungsweise Kundinnen und Kunden zu liefern. Szenarien könnten u.a. (datengetriebene) Kampagnen, Promotions oder andere Nicht-IT-Lösungen sein.

Design Thinking: Kreativität und Nutzerzentriertheit

Design Thinking ist mehr als eine Methode - es ist eine Denkweise. Der Fokus liegt auf der kreativen Lösungsfindung unter Einbeziehung der wertvollen Nutzerperspektive. Design Thinking eignet sich besonders für Innovationsprojekte, die eine intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen der Zielgruppe erfordern. Die Methode setzt auf Empathie, Kreativität und ein iteratives Vorgehen, bei dem die einzelnen Phasen immer wieder aufgegriffen werden können, um das Ergebnis noch zielgerichteter zu gestalten.

Ein praktisches Beispiel für Design Thinking ist die Entwicklung eines neuartigen und modernen Financial Homes als Teil einer nutzerzentrierten Bancassurance-Plattform, die alle finanziellen Belange (vor allem Bankgeschäfte und passende Versicherungen) der Kunden sinnvoll miteinander verknüpft. Dabei werden in Teams durch kreative Workshops und intensive Nutzerbefragungen innovative Lösungen entwickelt, die auf den tatsächlichen Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer basieren.

Skalierte Agilität: Nexus, SAFe, LeSS

In großen Unternehmen stoßen klassische agile Methoden manchmal an ihre Grenzen. Hier setzen skalierte Ansätze wie Nexus, SAFe (Scaled Agile Framework) und LeSS (Large Scale Scrum) an. Nexus konzentriert sich auf die Skalierung von Scrum für größere Projekte mit dem Fokus auf eine konsistente Lösung mit einem Product Backlog. SAFe bietet ein umfassendes Framework für die skalierte Implementierung agiler Methoden und konzentriert sich eher auf das Management eines gesamten Produktportfolios. LeSS setzt auf eine einfache Struktur, um Scrum auf große Organisationen auszuweiten. Die Wahl zwischen diesen Ansätzen hängt von der Größe und Komplexität des Unternehmens ab.

In einem großen Versicherungsunternehmen könnte die Einführung von SAFe als Beispiel dienen. Die skalierte Struktur ermöglicht es, agile Prinzipien von der Softwareentwicklung auf andere Unternehmensbereiche auszudehnen, wodurch die gesamte Organisation flexibler und reaktionsfähiger wird. Angenommen, dieses globale Finanzunternehmen möchte seine verschiedenen Abteilungen, von der IT bis zum Marketing, agiler gestalten. Die Implementierung von SAFe würde es ermöglichen, einen einheitlichen agilen Ansatz zu etablieren, der die Zusammenarbeit und Flexibilität in der gesamten Organisation fördert. Die größte Herausforderung besteht dabei vor allem darin, die oft gewachsenen (systemischen) Abhängigkeiten möglichst effektiv zu visualisieren und zu minimieren, damit der agile Kerngedanke einer einfachen, iterativen Entwicklung nicht durch „klassische Schattenstrukturen“ behindert wird.

Die richtige Methode für den richtigen Zweck

Aus der Vielfalt der agilen Methoden können Unternehmen diejenige auswählen, die am besten zu ihren spezifischen Anforderungen passt. Lean eignet sich für die Prozessoptimierung, Kanban für flexible und effiziente Arbeitsabläufe, Scrum für die iterative Produktentwicklung und Design Thinking für kreative Innovationsprojekte. Für größere Organisationen bietet Scalable Agility die notwendige Struktur, um agile Prinzipien erfolgreich zu implementieren und das notwendige Mindset zu multiplizieren. In all diesen Bereichen ist ein tiefes Verständnis von moderner Führung notwendig.

Die praktischen Anwendungsbeispiele zeigen, dass jede Methode in unterschiedlichen Kontexten ihre eigenen Vorteile hat. Die Auswahl der geeigneten Methode sollte sich daher immer an den individuellen Anforderungen orientieren, wobei die Methoden in vielen Fällen auch miteinander kombiniert werden können.

Fazit: Agilität bleibt kritischer Erfolgsfaktor

Die Wahl der richtigen agilen Methode ist entscheidend für den Erfolg agiler Projekte oder dynamischer Managementsysteme. Jede Methode hat ihre Stärken und Schwächen und Agilisten und Entscheider sollten sich bewusst sein, dass nicht jede Methode für jeden Zweck geeignet ist. Durch eine differenzierte Betrachtung von u.a. Lean, Kanban, Scrum, Design Thinking sowie skalierten Ansätzen können Unternehmen die für sie passende Methode finden und damit ihre Agilität auf ein neues Level heben. Ihre Anwendung in realen Szenarien ermöglicht es Unternehmen, ihre Anpassungsfähigkeit an sich ständig verändernde Bedingungen zu optimieren und erfolgreich auf die Herausforderungen des modernen Geschäftslebens zu reagieren. Im Kern verbinden fast alle Ansätze ein gewisses Maß an definierten Standards und eine relativ hohe Disziplin, wie unter anderem die Einhaltung von Ritualen, Prinzipien, Werten oder Rollentrennung, die auch in vielen anderen Branchen essentiell und sogar notwendig sind.

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Bild Joseph Gloßner

Autor Joseph Gloßner

Joseph Gloßner ist Leiter des Competence Centers " Quality Management Insurance " bei adesso und ein erfahrener Agile Coach für Bancassurance. Als Qualitätsmanager nach DIN EN ISO 9001 und Leiter der Community of Practice Agile@Insurance engagiert er sich für die Förderung agiler Praktiken in der Versicherungsbranche. Seine Expertise umfasst Prozessoptimierung und Organisationsentwicklung.

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