Interview

1. In welchen Bereichen siehst du das größte Potenzial von KI in der Energieversorgung und -optimierung?

Seitdem es überall in Deutschland immer mehr Erneuerbare Energien, beispielsweise in Form von Photovoltaik oder Wärmepumpen, gibt, ist es nun an der Zeit, diese Energie so effizient wie nur möglich zu nutzen. Zudem sind die Netzschwankungen immer unbeständiger, was dazu führt, dass die Energiepreise stark schwanken– daher haben immer mehr Unternehmen sogenannte dynamische Stromtarife.


Paul Dittrich
Geschäftsführer, urban energy GmbH

Künstliche Intelligenz kann genau an dieser Stelle helfen und für Unternehmen die wirtschaftlich sinnvollste Kombination aus dynamischen Tarifen und den eigenen Erneuerbaren Energien ermitteln. Batteriespeicher können das Szenario sogar noch interessanter machen. Die KI-basierte Optimierungssoftware verhindert zudem auch teure Lastspitzen und kann somit die jährlichen Energieausgaben erheblich reduzieren.

Das Thema hat riesiges Potenzial, denn neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten, kann KI-basierte Energieoptimierung eine der Säulen zur Erreichung der Klimaziele werden. Wir bei urban energy nennen diese KI-basierte Optimierungssoftware daher „Energy Intelligence“ und freuen uns, gemeinsam mit adesso Künstliche Intelligenz in die Energiemanagement-Systeme dieser Welt zu integrieren.


2. Welche Vorteile bietet der Einsatz von KI im Vergleich zu traditionellen Energiemanagementlösungen?

Die größten Vorteile von KI in Form von „Energy Intelligence“ liegen in der Effizienz und Flexibilität solcher Anwendungen. Durch das Einbeziehen tages- und stundenaktueller Daten, beispielsweise von Energiepreisen, Wetterbedingungen oder Kundenverhalten, können Optimierungen dynamisch und bedarfsgerecht vorgenommen werden. Das ist mit traditionellen Lösungen nur schwer möglich. Zudem bieten KI-basierte Prognosen eine wesentlich präzisere Grundlage für die Steuerung und Planung der Energieerzeugung und -verteilung, insbesondere auch für die Speicherung von erneuerbar produzierter Energie.

 KI kann auch die Strom- sowie Gaspreise bei dynamischen Tarifen vorhersagen. Es ist genau die Kombination aus all diesen neuen Möglichkeiten, bei denen Unternehmen KI-Anwendungen wirtschaftlich sinnvoll einsetzen können. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zu einem solch riesigen Einsparpotenzial. In vielen energieintensiven Branchen kann KI die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen mit dem Standort Europa absichern.

3. Neben „Energy Intelligence“ habt ihr bei urban energy auch ein Produkt namens „ZeroC“ – was genau steckt dahinter?

ZeroC ist eine SaaS-Lösung für das intelligente Energie- und CO2-Management von Gebäuden und Quartieren. Der Fokus liegt dabei auf Gebäuden, die noch kein Energiemanagement im Einsatz haben – dabei ist es für die Optimierung von Energie wichtig, dass bekannt ist, was energetisch in der Immobilie überhaupt passiert. Neben Büroimmobilien betrifft das vor allem Einzelhandels- und Logistikunternehmen, aber auch ganze Städte und Gemeinden können ZeroC als kommunales Energiemanagement verwenden.

Vorteil von ZeroC ist, dass neben modellierten Werten auch Live-Daten über Smart Meter oder Sensorik eingebunden werden können. Somit sind sehr genaue Vorhersagen zur Erreichung der eigenen Klimaziele, aber auch für Simulationen von Energieoptimierungsmaßnahmen möglich. Die meisten wissen immer noch nicht, wie hoch der CO2-Ausstoß des Gebäudes ist, in dem man arbeitet oder wohnt. Dabei sind diese Informationen entscheidend, wenn wir bis 2045 klimaneutral werden wollen. Schließlich stammen 40 Prozent aller weltweiten CO2-Emissionen aus dem Bau und Betrieb von Immobilien.

Wir haben bei ZeroC daher von Anfang CO2-Emissionen mitgedacht. Individuelle Klimaziele, die der EU oder die der Bundesrepublik, können hinterlegt und mit den tatsächlichen Werten abgeglichen werden. Diese datenbasierten Maßnahmen sorgen für Vertrauen gegenüber den Lieferanten, den Kunden und den eigenen Mitarbeitenden.


4. Warum ist ZeroC auch für Städte und Kommunen so interessant? Ist Energiemanagement für Städte nicht Aufgabe des Energieversorgers?

Es gibt nicht mehr das eine Kraftwerk, sondern unzählige kleine Kraftwerke in Form Erneuerbarer Energien. Diese sind überall installiert, ob auf kommunalen Gebäuden, wie Schulen und Verwaltungen, oder privaten Immobilien, wie Hotels, Bürogebäuden und Wohnhäusern. Die meisten Städte haben sich verbindliche Klimaziele gesetzt und möchten daher ihren Bürger:innen Transparenz über die Entwicklung dieser Ziele ermöglichen. Die Daten können nach Möglichkeit vom Energieversorger oder auch in Echtzeit von den Immobilien direkt (Smart Meter) zur Verfügung gestellt werden.

Wo es jedoch noch keine Live-Daten gibt, können auch modellierte Daten, z.B. auf Basis der Nutzungsart und der Quadratmeter über ZeroC automatisiert ermittelt werden. Denn ob Live-Daten oder nicht: Ziel muss ein möglichst genaues Abbild der Energieversorgung und somit der CO2-Emissionen der Stadt oder Kommune sein. Genau hier kommt ZeroC mit seinem „digitalen Zwilling“ ins Spiel. Der digitale Zwilling ermöglicht es auch Nicht-Energie-Fachleuten, ein besseres Verständnis über dieses wichtige Thema zu erlangen. Die Informationen können leicht verständlich den Bürgermeister:innen zur Entscheidungsfindung, aber auch in aggregierter Form den Bürger:innen, z.B. über Stadtportale, zur Verfügung gestellt werden.


Vielen Dank, Paul!


Mehr zu urban energy ist unter folgendem Link zu finden:

https://www.urbanenergy.de/de


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