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Es ist unser Licht, unsere Waschmaschine und die lokale Gesundheitsversorgung. Unser Bedarf an einer konstanten Energieversorgung ist seit jeher gestiegen, und seit langem ist eine solide und zuverlässige Energieversorgung überlebenswichtig. Die Notwendigkeit, den Anteil fossiler Brennstoffe an der Energieerzeugung zu reduzieren, bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Insbesondere werden sowohl die Netzauslastung als auch die Strompreise stärker schwanken. Auch die bestehende Infrastruktur, von der Pipeline bis zum Kraftwerk, muss neu konzipiert werden. Daten und KI können bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine entscheidende Rolle spielen. Wie diese Technologien eingesetzt werden können, ist Gegenstand dieses Blog-Beitrags.

Klimawandel und die Herausforderung der Energiewirtschaft

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen des 21. Steigende globale Temperaturen, häufigere Wetterextreme und Veränderungen der Ökosysteme sind nur einige der gravierenden Folgen, die die Menschheit bereits heute spürt. Ein wesentlicher Treiber des Klimawandels ist die Emission von Treibhausgasen, insbesondere von Kohlendioxid (CO₂), das zu einem großen Teil durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe in der Energiewirtschaft freigesetzt wird.

Um den Klimawandel zu bekämpfen und die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß zu begrenzen, müssen die Emissionen drastisch reduziert werden. Die Energiewirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie für einen erheblichen Teil der globalen CO Um die Emissionen in diesem Sektor zu senken, bieten sich zwei grundlegende Strategien an: die effizientere Nutzung von Energie und die generelle Senkung des Energieverbrauchs. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) kann hier signifikante Effizienzsteigerungen erzielen und damit die Nachhaltigkeit der Energieversorgung deutlich verbessern.

Präzise KI-basierte Vorhersagen zur Energieerzeugung und -verbrauch

Einer der Hauptvorteile des Einsatzes von KI in der Energiewirtschaft ist die Fähigkeit, präzise Vorhersagen über die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und den Energieverbrauch von Industrie und Haushalten zu treffen. Herkömmliche Prognosen basieren auf historischen Daten und einfachen statistischen Methoden, die oft nicht in der Lage sind, die Komplexität und Dynamik moderner Energiesysteme vollständig zu erfassen. Im Gegensatz dazu nutzen KI-Modelle fortschrittliche Algorithmen des maschinellen Lernens, um Muster und Trends in großen Datenmengen zu erkennen und so genauere Vorhersagen zu treffen.

Durch die Integration verschiedener Datenquellen wie Wettervorhersagen, historische Verbrauchs- und Erzeugungsdaten, sozioökonomische Faktoren und Echtzeitinformationen können KI-gestützte Systeme den Energiebedarf auf Stunden-, Tages- oder sogar Wochenbasis mit hoher Genauigkeit vorhersagen. Diese präzisen Vorhersagen ermöglichen es Energieversorgern, ihre Erzeugungsressourcen effizient zu planen und so Überkapazitäten oder Engpässe zu vermeiden. Dies führt zu einer besseren Auslastung der Erzeugungsanlagen und reduziert den Bedarf an teuren Reservekapazitäten.

Präventive und wertorientierte Wartung durch KI-Algorithmen

Ein weiterer Bereich, in dem KI erhebliche Effizienzsteigerungen ermöglicht, ist die Wartung und Instandhaltung von Betriebsmitteln. Durch die Aggregation aller verfügbaren Daten auf einer einheitlichen Datenplattform können mit Hilfe von KI-Algorithmen kontinuierliche Analysen durchgeführt und potenzielle Störungen in Anlagen wie Transformatoren frühzeitig erkannt werden. Diese vorausschauende Wartung verhindert ungeplante Ausfälle und verlängert die Lebensdauer der Anlagen, was zu einer nachhaltigeren Nutzung von Ressourcen führt.

KI-gestützte Wartungssysteme können darüber hinaus die Kosten für Reparatur- und Wartungsarbeiten senken und die Anlagenverfügbarkeit erhöhen, indem sie Aussagen über den Gesundheitszustand von Produktionsanlagen und deren wirtschaftlichen Ertrag kombinieren. Dies ermöglicht eine gezielte Planung und den Einsatz von Instandhaltungspersonal und -ressourcen, was die Effizienz weiter steigert und gleichzeitig die Betriebssicherheit erhöht. Diesen „Value Based Maintenance“-Ansatz hat RWE-Generation gemeinsam mit adesso in einem mehrjährigen Projekt in mehreren Kraftwerken in Europa umgesetzt.

Dynamisches Pricing und neue Vermarktungsstrategien

Ab Anfang 2025 müssen alle Stromversorger ihren Kundinnen und Kunden einen dynamischen Stromtarif anbieten können. Klassischerweise erhalten die Kundinnen und Kunden einen zeitvariablen Tarif, der für jede Stunde einen individuellen Arbeitspreis - abhängig vom Börsenpreis - liefert. Voraussetzung für solche dynamischen Tarife ist ein intelligentes Messsystem (Smart Meter), das in der Lage ist, die notwendigen Daten zu erfassen und über ein Gateway mit den Marktteilnehmern auszutauschen. Der Stromlieferant steht vor der Herausforderung, einen attraktiven dynamischen Tarif zu entwickeln und nicht nur den „Börsenpreis“ abzubilden und an den Kunden weiterzugeben. Durch die Analyse großer Datenmengen und die Berücksichtigung zahlreicher Faktoren wie Verbrauchsverhalten, Börsenpreis, Wetterlage und Netzauslastung können KI-Systeme flexible Preismodelle entwickeln. Diese dynamischen Preismodelle ermöglichen es den Energieversorgern, ihre Preise nahezu in Echtzeit anzupassen und so sowohl die Erzeugung als auch den Verbrauch zu optimieren. Dies führt nicht nur zu einer effizienteren Energienutzung, sondern eröffnet auch neue Vermarktungsstrategien. Energieversorger können ihren Kunden personalisierte Tarifangebote unterbreiten, die auf deren individuellen Verbrauchsprofilen basieren. Dies erhöht die Kundenzufriedenheit und fördert gleichzeitig ein bewusstes Verbrauchsverhalten, das zur Senkung des Energieverbrauchs und zur Glättung von Lastspitzen beiträgt.

Personalisierte Empfehlungen zur Energieeinsparung

Die deutschen Haushalte sind für rund 25 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland verantwortlich, so dass sich Einsparungen deutlich auf die Gesamtbilanz auswirken können. Durch die Analyse des Verbrauchsverhaltens von Haushaltskunden können KI-Systeme auch personalisierte Empfehlungen zum Energiesparen geben. Insbesondere die Optimierung des Eigenverbrauchs in Haushalten, die eine PV-Anlage in Kombination mit einem Hausbatteriespeicher und/oder einem Elektroauto besitzen, rückt zunehmend in den Fokus. Klassischerweise sind die Mittagsstunden die Stunden mit der höchsten Solareinspeisung, aber oft sind die Bewohner nicht zu Hause. Der Strom kann dann nur teilweise genutzt werden, so dass es sich anbietet, den Strom in einer Batterie zwischenzuspeichern. Morgens und abends kann der Haushalt Strom aus der Batterie beziehen. Insbesondere die Ladevorgänge des Elektroautos können dem Verbraucher durch maßgeschneiderte Hinweise helfen, seinen Energieverbrauch zu optimieren bzw. in günstige Zeiten zu verlagern und damit sowohl Kosten zu sparen als auch seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Hierfür eignen sich insbesondere KI-Algorithmen, die auf einer breiten Datenbasis mit vielen Kundendaten trainiert wurden.

Vernetzung und Steuerung dezentraler Energieerzeuger & Verbraucher

Durch den Einsatz von KI-gestützten Steuerungssystemen können diese dezentralen Erzeuger als virtuelles Kraftwerk agieren, das in der Lage ist, Energie effizient zu erzeugen und bereitzustellen. Dabei steuert eine zentrale Leitstelle die Kommunikation mit den dezentralen Anlagen und koordiniert eine gemeinsame Vermarktung. Dies ermöglicht eine bessere Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz und trägt zur Stabilität und Nachhaltigkeit der Energieversorgung bei. Im Forschungsprojekt VideKIS konnte adesso zeigen, dass KI-basierte Systeme tausende von Anlagen vernetzen und an den Energie- und Regelleistungsmärkten vermarkten können. Solche Ansätze fördern nicht nur die Nutzung erneuerbarer Energien, sondern erhöhen auch die Flexibilität und Resilienz des Stromnetzes. Virtuelle Kraftwerke sind zudem in der Lage, Verbraucher in den Anlagenpool aufzunehmen, so dass bei einem Stromüberschuss das Netz durch einen kurzfristig erhöhten Verbrauch entlastet werden kann.

Fazit

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Energiewirtschaft bietet vielfältige Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Nachhaltigkeit zu fördern. Durch präzise Vorhersagen des Energiebedarfs, frühzeitige Erkennung von Störungen, dynamische Preisgestaltung, personalisierte Empfehlungen zum Energiesparen und die Vernetzung dezentraler Erzeuger kann die Energiewirtschaft ihre Emissionen deutlich senken und einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es auch Grenzen für den Einsatz von KI in der Energiewirtschaft. Insbesondere bei längerfristigen Prognosen nimmt die Prognosegenauigkeit ab, da unvorhersehbare Ereignisse und die Auswirkungen neuer Regulierungen im Energiesystem schwer zu modellieren sind - insbesondere bei Prognosen auf Basis historischer Daten. Darüber hinaus erfordert die Einführung von KI-Modellen erhebliche Investitionen in Infrastruktur und Datenmanagement. Ohne eine solide Datenqualität und -verfügbarkeit kann das Potenzial von KI-Anwendungen nicht voll ausgeschöpft werden.

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Bild Simon Bächle

Autor Simon Bächle

Simon Bächle ist Berater für die Line of Business Utilities bei adesso. Seine Arbeitsschwerpunkte bilden das agile Projektmanagement sowie die Anwendung von Data Science in der Energiewirtschaft. Darüber hinaus beschäftigt er sich als Business Analyst im Forschungsprojekt VideKIS mit der Entwicklung eines neuartigen virtuellen Kraftwerks.

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