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Rechtlicher Rahmen: § 28 VgV / § 20 UVgO - Markterkundung

Markterkundungen können frei gestaltet werden, etwa durch Workshops, schriftliche Anfragen oder bilaterale Gespräche.

Laut § 28 VgV / § 20 UVgO - Markerkundung ist die Durchführung optional:

1) Vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens darf der Auftraggeber Markterkundungen zur Vorbereitung der Auftragsvergabe und zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Auftragsvergabepläne und -anforderungen durchführen.

Markterkundungen dienen der Vorbereitung des Vergabeverfahrens, der Klärung von Anforderungen und der Stärkung der Transparenz. Sie können strategisch genutzt werden, um Missverständnisse in der Leistungsbeschreibung zu minimieren und eine marktgerechte Ausschreibung zu gewährleisten.

Ziele der Markterkundung

Markterkundungen verfolgen drei Hauptziele:

1. Herstellung der Vergabereife

Öffentliche Auftraggeber nutzen Markterkundungen, um potenzielle Lösungen zu identifizieren und die Vergabereife zu erlangen.

Der Bedarf der Vergabereife ergibt sich aus § 31 Abs. 2 Nr.1 VgV – Leistungsbeschreibung wie folgt:

[…] 1. in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen oder einer Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, die so genau wie möglich zu fassen sind, dass sie ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und hinreichend vergleichbare Angebote erwarten lassen, die dem öffentlichen Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen, […].

§ 26 Abs. 1 UVgO - Leistungsbeschreibung regelt die Vergabereife wie folgt:

In der Leistungsbeschreibung ist der Auftragsgegenstand so eindeutig und erschöpfend wie möglich zu beschreiben, sodass die Beschreibung für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Die Leistungsbeschreibung enthält die Funktions- oder Leistungsanforderungen oder eine Beschreibung der zu lösenden Aufgabe, deren Kenntnis für die Erstellung des Angebots erforderlich ist, sowie Umstände und Bedingungen der Leistungserbringung.

2. Vorbereitung der Leistungsbeschreibung

Durch gezielte Fragestellungen können Auftraggeber die geplanten Bedarfe analysieren. Für eine Softwareentwicklung könnten beispielsweise folgende Fragen von Bedeutung sein:

  • Welche bestehenden Systeme müssen in die Lösung integriert werden?
  • Welche spezifischen Sicherheitsanforderungen sind zu berücksichtigen?
  • Wer sind die Hauptnutzer der Lösung?
  • Welche besonderen Anforderungen oder Bedürfnisse hat die Zielgruppe?
  • Wie wird die Lösung langfristig gewartet und weiterentwickelt?
  • Sind zukünftige Erweiterungen oder Anpassungen geplant?
  • Welche zusätzlichen Dienstleistungen wie Betrieb oder Wartung sind relevant?
  • Soll die Lösung On-Premise oder in der Cloud betrieben werden?

Zudem könnten durch Fragen marktgerechte Eignungs- und Zuschlagskriterien ermittelt werden:

  • Kann der Markt vergleichbare Referenzen liefern oder ist die Lösung zu neu?
  • Wie könnten alternative Eignungskriterien zum Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit abgefragt werden?
  • Welche Zuschlagskriterien sind für die Ermittlung einer qualitativ hochwertigen Lösung sinnvoll?
  • Welche Fristen sind bei komplexen Ausschreibungen angemessen?
  • Welche Vertragsmodelle sind sinnvoll?
3. Marktvorbereitung

Die frühe Information des Marktes über geplante Vergaben erhöht die Qualität und Vielfalt der Angebote. Dadurch lassen sich auch etwaige Bieterfragen für das kommende Vergabeverfahren reduzieren, da die Anforderungen bereits marktgerecht formuliert wurden.


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Formen und Umfang der Markterkundung

Formen
  • 1. Allgemeine Internetrecherche:Das Internet bietet eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit, sich einen Überblick über potenzielle Bieter und deren Angebote zu verschaffen. Herstellerseiten, Branchenportale und Bewertungsplattformen sind hierbei ebenso nützlich.
  • 2. Kataloge und Werbematerial:Gedruckte oder digitale Produktkataloge sowie Werbematerialien können wertvolle Informationen über die verfügbaren Produkte und Dienstleistungen liefern.
  • 3. Einholung von Preislisten:Die direkte Anforderung von Preislisten ermöglicht es, erste Vergleichswerte zu erhalten und ein Gefühl für die Marktpreise zu entwickeln.
  • 4. Besuch von Messen oder Tagungen:Fachmessen und Branchentagungen sind eine hervorragende Gelegenheit, Unternehmen persönlich kennenzulernen, technische Details zu besprechen und aktuelle Trends in der Branche zu identifizieren.
  • 5. Vor-Ort-Gespräche beim Bieter:Gespräche direkt vor Ort beim Dienstleister oder Hersteller ermöglichen einen tiefen Einblick in die Arbeitsweise des Unternehmens, die Qualität der Produkte und die Leistungsfähigkeit des Bieters.
Tiefe und Umfang

Der Umfang richtet sich nach dem Informationsbedarf des Auftraggebers. Bei komplexen IT-Projekten kann eine detaillierte Markterkundung erforderlich sein, um spezifische technische Lösungen oder Produkte zu identifizieren.

Grenzen der Markterkundung
  • 1. Keine exklusiven Verhandlungen: Nach der Markterkundung dürfen keine exklusiven Gespräche mit einzelnen Unternehmen stattfinden.
  • 2. Verbot der Direktvergabe: Eine direkte Vergabe an ein Unternehmen, das an der Markterkundung beteiligt war, ist nicht zulässig.
  • 3. Keine De-facto-Vergabe: Markterkundungen dürfen nicht zur Kosten- oder Preisermittlung missbraucht werden (§ 28 VgV / § 20 UVgO- Markterkundung).

(2) Die Durchführung von Vergabeverfahren lediglich zur Markterkundung und zum Zwecke der Kosten- oder Preisermittlung ist unzulässig.

Mythen auf dem Prüfstand

Trotz der rechtlichen Freiheiten halten sich verschieden Mythen um die Markterkundung. Die gängigsten werden im Folgenden ausgeräumt und in das richtige Licht gerückt.

Mythos 1: Es gibt nur einen Bieter am Markt

Diese Aussage kann und darf nur durch eine EU-weite Markterkundung bestätigt werden. Dabei müssen die spezifischen Alleinstellungsmerkmale der Unternehmen ausführlich dokumentiert werden, um eindeutig nachzuweisen, dass tatsächlich kein Wettbewerb besteht.

Mythos 2: Markterkundungen sind verboten

Das Haushaltsrecht erlaubt Markterkundungen ausdrücklich, insbesondere bei unzureichendem Marktüberblick.

Mythos 3: Begrenzte Teilnehmerzahl ist unzulässig

Der Umfang der befragten Unternehmen kann flexibel festgelegt werden, solange die Kriterien der Ausschreibung später für den Markt offen bleibt.

Mythos 4: Beteiligte Unternehmen dürfen keinen Zuschlag erhalten

Gespräche im Rahmen der Markterkundung sind erlaubt, solange sie transparent dokumentiert werden und keine (Auftrags-)Versprechungen gemacht werden.

Mythos 5: Details der gesuchten Lösung dürfen nicht genannt werden

Es ist zulässig, Anforderungen und Lösungsoptionen zu besprechen, um die Ausschreibung besser zu definieren. Auch unverbindliche Preisinformationen können eingeholt werden.

Zusammenfassung

Markterkundungen sind ein wertvolles und vergaberechtlich zulässiges Instrument, um Ausschreibungen bedarfs- und marktgerecht zu gestalten. Sie bieten öffentlichen Auftraggebern Flexibilität und Transparenz, erfordern jedoch eine klare Abgrenzung zu Vergabeverfahren, um rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Auch kann adesso bei der Teilnahme an einer Markterkundungsanfrage unbesorgt sein. Es schadet auf keinen Fall, dem Kunden Informationen zur Verfügung zu stellen. Das verschafft adesso für die Ausschreibung selbst keinen Vorteil, unser Unternehmen zeigt aber seine Expertise.


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Bild Tina  Sänger

Autorin Tina Sänger

Tina Sänger ist Senior Proposal Manager für die Business Lines Public, Health und Life Science zuständig. Sie bringt aus ihrer vorherigen Anstellung viel Erfahrung und Wissen im Bereich des Vergaberechts mit und übernimmt verantwortungsvoll die Bewertung von vergaberechtlichen Fragestellungen und bei Kundenprojekten.

Die hier bereitgestellten Informationen bieten einen allgemeinen Überblick über das Thema Markterkundung in öffentlichen Ausschreibungen. Sie stellen keine Rechtsberatung dar.

Kategorie:

Inside adesso

Schlagwörter:

Proposal Management


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