21. Januar 2025 von Marvin Marwan Baki
Frachtbörsen – ein Transportmarktplatz eingeengt durch die digitale Transformation
Laderaumverfügbarkeit, pünktliche Zustellung und vernetzte Belieferung sind zentrale Ziele von Transportdienstleistern. Die Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Kundenzufriedenheit zu finden. Durch den digitalen E-Commerce steigen die individuellen Produkt- und Lieferanforderungen stetig. Disponenten verlieren sich in der wachsenden Menge an Transportaufträgen, die pünktlich und beim richtigen Empfänger zugestellt werden müssen. Angesichts eines dynamischen Marktes, des zunehmenden politischen Drucks durch steigende Kraftstoffpreise und des spürbaren Fahrermangels stehen Spediteure vor der Herausforderung, eine Balance zwischen effizienter Auslastung und Zuverlässigkeit zu finden. Frachtenbörsen als prozessoptimierendes Bindeglied zwischen Verladern und Spediteuren liegen auf der Hand, doch auch sie haben im Zuge der digitalen Transformation an Einfluss verloren. Der erste Teil des zweiteiligen Blog-Beitrags beschäftigt sich mit der Frage, wie die sogenannte VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) den Frachtenbörsenmarkt beeinflusst und welche neuen Entwicklungen und Trends sich dadurch im Wettbewerbs- und Nutzerverhalten abzeichnen.
Vom simplen Marktplatz zum spezialisierten Netzwerk
In den 70er Jahren entstanden Frachtenbörsen, die Verlader ohne eigenen Fuhrpark und Transportdienstleister mit freien Kapazitäten auf einer digitalen Plattform zusammenbringen. Ziel ist es, Informationen wie Sendungsziel, Warenvolumen und Preise auszutauschen, um Bedarfe optimal aufeinander abzustimmen. Verlader profitieren von einer transparenten Preisgestaltung und vielfältigen Angeboten, während Spediteure Leerfahrten reduzieren, Fixkosten senken und nachhaltiger agieren.
Im Laufe der Zeit hat sich die Partnersuche stark verändert: Anfangs genügten einfache Angaben zu Relationen, Waren und Preisen. Heute entscheiden branchenspezifische Anforderungen wie Gesundheits- und Hygienevorschriften im Lebensmitteltransport oder Sicherheitsstandards über die Eignung einer Plattform. Während etablierte Frachtenbörsen umfangreiche Services wie Preisverhandlungen oder Zahlungsabwicklung anbieten, legen sie oft weniger Wert auf solche spezialisierten Anforderungen. Nischenbörsen hingegen garantieren passende Partner für spezifische Bedürfnisse, haben aber meist eine kleinere Nutzerbasis, was die Wahrscheinlichkeit, den optimalen Partner zu finden, reduziert.
Ein weiterer Faktor ist die Art der Interaktion: Einige Plattformen konzentrieren sich auf den Carrier-to-Carrier-Markt, während andere B2C oder branchenunabhängig agieren. Sicherheitsmaßnahmen und Zusatzfunktionen wie Vertrauensbewertungen oder Zahlungsabwicklung werden von den Nutzern unterschiedlich bewertet. Gleichzeitig wächst der Druck, nachhaltige Lösungen und digitale Mehrwertdienste direkt über die Plattformen anzubieten.
Innovative Ansätze für die Transportlogistik
Obwohl der intransparente Frachtbörsenmarkt eine konsolidierte Lösung mit stärkerem Interaktionswillen aller Beteiligten erfordert, entwickeln Speditionen und Transportdienstleister eigene Ansätze, um die beschriebenen Herausforderungen zu bewältigen. Kommunikationsbarrieren bei externen Fahrern oder Drittanbietern führen häufig zu Missverständnissen und Fehlern bei der Warenübergabe am Betriebshof. Die Folge sind lange Wartezeiten sowie ineffiziente Abläufe im Lager, auf dem Rangierhof und bei der Anmeldung.
Die Yard-Management-Software von adesso bietet hier eine Lösung: Sie überwindet Sprachbarrieren bei der Anmeldung fremdsprachiger Fahrer und ermöglicht das digitale Einreichen von Warendokumenten in der gewünschten Sprache über eine App. Fahrzeugdaten, Warenmengen und -volumen sowie weitere Informationen werden schnell und systematisch übermittelt. Dank Schnittstellenkompatibilität können diese Daten automatisiert an das System des Warenempfängers übergeben werden. Darüber hinaus ist die Integration zusätzlicher Services problemlos möglich.
Effizientes Yard Management leicht gemacht
Mit unserer intelligenten Yard-Management-Software optimiert ihr eure Logistikprozesse. Vom reibungslosen Ablauf auf dem Betriebsgelände bis zum präzisen Ressourceneinsatz: Unsere Lösung bietet Echtzeittransparenz, Automatisierung und maximale Effizienz. Erfahrt, wie ihr mit einer einzigen Plattform Wartezeiten verkürzen, Kosten senken und eure Supply Chain stärken könnt.
Parallel dazu setzen viele Speditionen auf Tourenoptimierungstools, um die Herausforderungen des fragmentierten Straßengüterverkehrs innerhalb ihres Netzwerks zu minimieren. Dabei ist es entscheidend, den dynamischen und vielschichtigen Charakter der Tourenplanung zu berücksichtigen, um flexibel auf expandierende Anforderungen zu reagieren. Eine intelligente Ressourcenzuweisung erfordert dabei nicht nur technologische Lösungen, sondern auch strategische Beratung, die aktuelle Marktbedingungen und Zukunftsaussichten in die Systementwicklung integriert.
Mithilfe von Data & Analytics können Kausalitäten in der Tourenplanung erkannt und optimierte Tourenstrukturen entwickeln werden. Auf unserer Website findet ihr unsere Lösungen zur Tourenoptimierung für die Logistikbranche. Langfristig könnte die Integration von Tourenplanungssystemen in Frachtbörsen neue Potenziale für Effizienzgewinne eröffnen. Voraussetzung dafür ist jedoch ein Frachtbörsenmarkt, der Transparenz fördert und die Vielseitigkeit zwischen verschiedenen Plattformen überwindet.
Jedoch wird anhand der Vielzahl an Faktoren, die bei der Auswahl einer Frachtbörse berücksichtigt werden, der stark fragmentierte Charakter des Marktes deutlich. Die Diversität an Plattformen und Anforderungen führt dazu, dass Nutzer oft nicht miteinander über Frachtbörsen, sondern aneinander vorbei verhandeln. Dadurch bleiben Leerfahrten bestehen, und Nutzer sind unsicher, auf welcher Plattform sie die besten Partner finden können. Es besteht keine Sicherheit, dass auf einer Börse der ideale Partner gefunden wird, da auf einer anderen Plattform ein besserer Anbieter verfügbar sein könnte. Regionale Speditionen verzichten daher oft auf die Suche nach Partnern über Frachtbörsen und greifen stattdessen auf altbewährte Partnerunternehmen zurück. Dies führt dazu, dass Leerfahrten, erhöhte Preiskonditionen oder nicht eingehaltene Sicherheitsstandards in Kauf genommen werden, da Vertrauen und Reputation im Vordergrund stehen, ohne zu wissen, dass sich auf einer Frachtenbörse ein optimaler Transportpartner gefunden hätte. Dieses Potenzial eröffnet neue Geschäftsmodelle für Wettbewerber.
Traditionelle Marktplätze und ihre Herausforderer
Man sieht, dass der Frachtbörsenmarkt als vielschichtig bezeichnet werden kann. Kleine, spezialisierte Börsen bedienen daher klare Nischen und Zielgruppen, während etablierte Plattformen durch regionale Kundengruppen oder Fusionen ihre Marktstellung behaupten. Die großen Anbieter streben nach Dominanz und wollen ihre Alleinstellungsmerkmale sichern. Speditionen und Transportunternehmen bleiben durch Unübersichtlichkeit unentdeckt, wodurch sich im digitalen Zeitalter, geprägt von Plattform- und Share-Ökonomie, neue Konkurrenten in den Markt drängen. Ihre Stärke liegt nicht in Langlebigkeit und Erfahrung, sondern in digitaler Diversifizierung und Geschäftsmodellerweiterung.
Während das Frachtbörsenmodell primär die anforderungsspezifische Vermittlung zwischen Verladern und Transporteuren anstrebt, integrieren neue Anbieter die Frachtbörsenfunktion als Teil eines breiteren digitalen Logistikangebots. Diese neuen Player umfassen digitale Speditionen, Vergleichs- und Buchungsportale, Start-ups und 4-PL-Provider.
Digitale Speditionen
Sie kombinieren Transportaufträge mit umfassenden digitalen Services und treten als Vertragspartner auf, um den gesamten Lieferprozess zu managen. Beispiele wie Saloodo!, Frachtraum und Cargonexx zeigen, wie diese Unternehmen traditionelle Logistik mit modernen Technologien verbinden. International bekannte digitale Speditionen wie Flexport und Coyote bieten zudem Zusatzleistungen wie Lagerhaltung und Zollabwicklung.
Buchungs- und Vergleichsportale
Sie ermöglichen Kundinnen und Kunden, in Echtzeit verschiedene Frachtdienstleistungen zu vergleichen und zu buchen. Plattformen wie Pamyra GmbH bieten dabei Orientierung in einem komplexen Markt und heben sich durch Kundenbewertungen und Automatisierung ab.
4-PL-Provider
Sie koordinieren unternehmensübergreifende Logistikprozesse digital und kombinieren Dienstleistungen verschiedener Logistikanbieter. Unternehmen wie Kühne+Nagel, DHL und DB Schenker nutzen diese Plattformökonomien, um umfassende Supply-Chain-Lösungen anzubieten, wobei die Frachtbörsenfunktion ein Bruchteilservice von vielen ist.
Ausblick und KI-basiertes Lösungsmodell
Um in diesem VUCA-Umfeld zu bestehen, muss die Frachtbörsenidee neu gedacht werden beziehungsweise eine offene Frachtbörsen-Community geschaffen werden, um nicht schrittweise von der Konkurrenz aus dem Markt gedrängt zu werden und weiterhin einen wirkungsvollen Einfluss auf die Effizienz des Straßengüterverkehrs zu haben. Eine vollständige Marktkonsolidierung aller Akteure mag utopisch klingen, ist aber das Ziel: Nur durch die vollständige Teilnahme aller Wirtschaftsakteure an Frachtbörsen lassen sich Leerfahrten signifikant reduzieren und umfassende Synergien schaffen.
Um dieses übergreifende Potentialgebiet in Angriff zu nehmen, wird im zweiten Teil des Blog-Beitrags eine KI-basierte Innovation vorgestellt, die basierend auf dem Frachtbörsenmodell, eine marktübergreifende Vernetzung der verladenden und transportierenden Wirtschaft erreicht. Sowohl die positiven Effekte auf den Straßengüterverkehr und die Entwicklung von Leerfahrten als auch die Einflüsse auf den Wettbewerb und die Geschäftsmodelle der Frachtbörsen werfen einen richtungsweisenden Blick in die Zukunft.
Herausforderungen im Frachtbörsenmarkt mit adesso meistern
Die digitale Transformation eröffnet Frachtbörsen völlig neue Möglichkeiten, stellt sie aber auch vor Herausforderungen wie steigenden Wettbewerb, disruptive Geschäftsmodelle und gefährdete Effizienzziele. Ihr habt Fragen oder steht vor ähnlichen Herausforderungen?