23. Januar 2024 von Katja Dippel
Trends in der Versicherungsbranche 2024: GenAI und sonst?
GenAI bietet enorme Chancen für die Wertschöpfung von Versicherern und wird zum zentralen Treiber ihrer digitalen Transformation: Mit der sich rasant entwickelnden Technologie können Versicherungsprozesse automatisiert und beschleunigt sowie das Kundenerlebnis deutlich verbessert werden. Ein weiterer wirtschaftlicher Vorteil für Versicherer ist eine genauere Risikoeinschätzung durch GenAI.
2024 ist der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, mit GenAI-Projekten und GenAI-fähigen Anwendungen zu beginnen. Die zugrundeliegenden Sprachmodelle haben einen hohen Reifegrad erreicht und viele Anwendungsfälle wurden bereits erfolgreich getestet. Wer zögert, könnte schon bald nicht mehr wettbewerbsfähig sein: Laut Gartner wird bis 2026 mehr als 80 Prozent aller Unternehmen die Schlüsseltechnologie GenAI nutzen.
Auch wir bei adesso sehen das so:
Sechs Trends, auf die es 2024 ankommt
Das Insurance-Team von adesso hat für 2024 sechs Fokusthemen identifiziert, in denen es die größten Potenziale für Versicherer sieht - maßgeblich getrieben durch Innovationen und Projekte mit GenAI.
- Trend/Fokus 1: Data Driven Insurance
- Trend/Fokus 2: Customer Centric Insurance
- Trend/Fokus 3: Automation & Transformation
- Trend/Fokus 4: New Work & Agile Insurance
- Trend/Fokus 5: Digital Health & Wealth
- Trend/Fokus 6: Green Insurance
Trend/Fokus 1: Data Driven Insurance
Die Data&Analytics-Expertinnen und -Experten von adesso sehen über 200 GenAI Use Cases entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Unternehmen - von der Produktentwicklung bis zum Kundenmanagement. Viele dieser Use Cases lassen sich in kurzen Entwicklungszyklen realisieren. Auch die Hersteller von Versicherungskernsystemen ergänzen ihre Software sukzessive um zukunftsweisende KI-Komponenten.
Generative KI kann beispielsweise die Risikobewertung und Tarifierung von Versicherungspolicen durch die Analyse großer Datenmengen in Echtzeit präziser und individueller gestalten oder die Schadenbearbeitung und Betrugserkennung beschleunigen, indem Schadenmeldungen automatisch verarbeitet und Muster erkannt werden. Bei Fragen ermöglichen Chatbots einen schnellen und kompetenten Kundenservice.
Um das volle Potenzial von GenAI auszuschöpfen beziehungsweise neue Services nachhaltig zu entwickeln und tief in die Kernprozesse zu integrieren, bedarf es jedoch eines ganzheitlichen Ansatzes mit einer Datenstrategie, einer zentralen Datenplattform und einer konsolidierten Dateninfrastruktur. Dazu müssen die Fachbereiche eng mit den Data Scientists und der IT zusammenarbeiten. Der notwendige organisatorische Umbau der Versicherer zu einem datengetriebenen Unternehmen sollte möglichst parallel zu ersten GenAI-“Leuchtturmprojekten” mit schnell realisierbarem Nutzen erfolgen.
Trend/Fokus 2: Customer Centric Insurance
“Leuchtturmprojekte” mit GenAI bieten sich insbesondere an der Kundenschnittstelle und in der Kundenkommunikation an. Denn hier werden die Mehrwerte von Big Data und generativer KI besonders deutlich: Mit Customer Analytics können Kundenbedürfnisse besser verstanden, die Customer Journey optimiert, Churn Prevention betrieben und damit die Kundenzufriedenheit erhöht werden - zumal die Bereitschaft der Kundinnen und Kunden steigt, ihre Daten zur Verfügung zu stellen, wenn sie dadurch Vorteile erhalten, beispielsweise günstige personalisierte Angebote oder eine schnelle Antragsprüfung und Schadensbearbeitung.
Durch die sozioökonomischen und ökologischen Veränderungen der letzten Jahre hat sich zudem ein ausgeprägtes Risikobewusstsein bei den Versicherten entwickelt und auch die gesellschaftliche Aufgabe der Versicherungswirtschaft rückt immer mehr in den Fokus. Mit einem ganzheitlichen, kundenzentrierten Ansatz, der situative und lebensphasenorientierte Produktangebote macht, können Versicherer darauf optimal reagieren. Dabei spielt die Teilnahme an Ökosystemen eine immer wichtigere Rolle (Embedded Insurance) - und damit auch die Etablierung von standardisierten Schnittstellen und Open Data im Unternehmen.
Trend/Fokus 3: Automation & Transformation
Viele Versicherungsprozesse lassen sich nicht mehr nur in der eigenen IT-Landschaft abbilden, sondern erstrecken sich über verschiedene Systeme unterschiedlicher Teilnehmer eines Ökosystems. Branchenstandards wie Open Insurance oder BiPRO ermöglichen Interoperabilität in der Kommunikation mit Maklerinnen und Maklern sowie Kundinnen und Kunden.
Eine Herausforderung für Versicherer besteht darin, die Daten zur Versorgung der Schnittstellen aus den gewachsenen Systemen zu „befreien“. Die Transformation bestehender monolithischer Systeme in serviceorientierte Infrastrukturen kann die notwendige Flexibilität schaffen - nicht zuletzt, um auch in Zukunft Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Unternehmen gewinnen zu können, die diese Lösungen weiterentwickeln können und wollen.
SaaS-Lösungen leisten ebenso wie Robotic Process Automation (RPA) einen wichtigen Beitrag zur Senkung der IT-Kosten und zur Effizienzsteigerung innerhalb der Unternehmensorganisation. In Kombination mit KI und GenAI eröffnet die RPA-Technologie völlig neue Möglichkeiten, Versicherungsprozesse zu automatisieren und damit die Produktivität und Kundenzufriedenheit zu steigern.
Trend/Fokus 4: New Work & Agile Insurance
GenAI verändert die Art und Weise, wie Menschen zusammenarbeiten und treibt die agile Transformation der Versicherer weiter voran. Forrester hat dafür den Begriff des Agile Knowledge Management geprägt - das ist:
"Eine anpassungsfähige Praxis, die kontinuierlich und iterativ Wissen sammelt, weitergibt und verbessert, um mit den sich ändernden Geschäftsanforderungen Schritt zu halten, mit nachweisbaren Ergebnissen innerhalb einer kulturellen Struktur, in der Führung, Management, Mitarbeitenden und Technologie nahtlos auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten: verbesserte Entscheidungsfindung und Innovation.
Der digitale Arbeitsplatz sollte mit KI-Lösungen erweitert werden, die auf großen Sprachmodellen basieren und kollaboratives Arbeiten unterstützen - beispielsweise um umfangreiche Dokumente zusammenzufassen, Besprechungsprotokolle automatisch zu erstellen oder Erkenntnisse aus abgeschlossenen Projekten bereitzustellen.
Dieser Wandel muss jedoch durch ein gezieltes Change Management unterstützt werden, das heißt Berührungsängste abbauen, ein „Data Mindset“ und die notwendigen Kompetenzen entwickeln, aber auch Expertinnen und Experten für KI und Data & Analytics rekrutieren, um IT-Projekte in übergreifenden Teams und mit agilen Frameworks aufzusetzen.
Trend/Fokus 5: Digital Health & Wealth
Der Gesundheitsmarkt ist in Bewegung. Mit Beginn des neuen Jahres wurde das elektronische Rezept (eRezept) zur Pflichtanwendung. Arztpraxen müssen verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen elektronisch verordnen. Auch die elektronische Patientenakte (ePA) wird im kommenden Jahr grundsätzlich allen gesetzlich Versicherten zur Verfügung stehen. Dies sind nur zwei Beispiele dafür, wie die Digitalisierung im Gesundheitswesen den Weg für smarte Customer Journeys ebnet.
Diese technologische Entwicklung und die damit einhergehende Bereitstellung von Gesundheitsdienstleistungen haben große Auswirkungen auf die medizinische Versorgung. Private Krankenversicherer und gesetzliche Krankenkassen müssen sich entsprechend als Gesundheitspartner positionieren, direkt auf die Versicherten zugehen und maßgeschneiderte Angebote präsentieren, damit diese die neuen Services auch intuitiv und sinnvoll nutzen können. Auf der anderen Seite wollen die Versicherten aktiver als bisher an ihrer Behandlung mitwirken und fordern die dafür notwendigen digitalen Lösungen auch ein.
In diesem Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Vorgaben, neuen Digital Health Services und individuellen Customer Journeys liegt ein großes Potenzial für jeden einzelnen Versicherer. Durch ihre unterschiedliche Positionierung in der Branche werden plattformbasierte Services in ihren verschiedenen Ausprägungen die Versorgungslandschaft nachhaltig verändern und die Gesundheitsversorgung verbessern.
Trend/Fokus 6: Green Insurance
Schäden durch extreme Wetterereignisse wie zu Beginn des Jahres nehmen mit der Erderwärmung zu. Damit sie auch in Zukunft von der Versicherungswirtschaft gedeckt werden können, müssen die Pariser Klimaziele eingehalten werden. Versicherer stehen in der Verantwortung, mit ihren Produkten umweltbewusstes Handeln zu fördern, etwa in der Gebäude- oder Kfz-Versicherung, in nachhaltige Projekte zu investieren und den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren.
Für die Versicherungs-IT sind Sustainable Software Engineering und die Verlagerung der IT-Infrastruktur in die Cloud mögliche Hebel, um weniger Energie zu verbrauchen und damit weniger CO2 zu emittieren. Mit zahlreichen SaaS-Diensten aus der Cloud lassen sich zudem Nachhaltigkeitsinitiativen steuern, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.
So muss ein Großteil der Versicherer ab 2024 erstmals ein ESG-Reporting nach den Kriterien der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) vorlegen. Dazu benötigen sie eine Vielzahl von Daten aus unterschiedlichen Quellen bzw. Datensilos - ein weiteres Argument für die Etablierung einer zentralen Datenplattform im Unternehmen. Cloudbasierte Analysen und KI erleichtern zudem ESG-Bewertungen, ermöglichen datenbasierte nachhaltige Investitionsentscheidungen, modellieren aussagekräftige Prognosen und helfen bei der Risikoeinschätzung.
Fazit
GenAI wird das Jahr 2024 in den Versicherungsunternehmen stark prägen. Im Dschungel der Möglichkeiten rund um GenAI und neuen Lösungen von InsurTechs und Softwareanbietern wie Microsoft, Google und Co. wird es nicht einfach sein, den Überblick zu behalten.
Mit umfassender Branchen- und IT-Expertise können die Expertinnen und Experten von adesso Versicherer dabei unterstützen, potenzielle Anwendungsfälle technisch, organisatorisch und rechtlich zu bewerten und operativ so umzusetzen, dass sich der Nutzen für das Unternehmen und seine Kundinnen und Kunden schnell einstellt. Dabei wird stets die gesamte Wertschöpfungskette und die angestrebte Transformation zu einem digitalen und datengetriebenen Unternehmen im Blick behalten.
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