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Die klassische Aufgabe einer Business Analystin oder eines Business Analysten ist die Begleitung von Veränderungen im Unternehmen. Eine besonders wichtige Aufgabe ist dabei die Identifikation von Problemen und die Entwicklung von Lösungen zu deren Behebung. Als Grundlage für diese Aufgabe kann die Diskrepanz zwischen einem Ist-Zustand und einem Soll-Zustand angesehen werden. Ziel ist es, als Individuum mit einer subjektiven Wahrnehmung diesem objektiven Zustand so nahe wie möglich zu kommen, um die bestmögliche Lösung für das gegebene Problem zu erarbeiten. Im Laufe der Jahre wurden viele Methoden und Vorgehensweisen entwickelt, um solche Probleme in einem Unternehmen aufzudecken und zu lösen.

Mit dem Problem-Statement möchte ich heute eine Methode vorstellen, die aus meiner Sicht hervorragend geeignet ist, um in kurzer Zeit einen guten Überblick zu bekommen. Gerade in unserem Alltag kommt es oft auf die Schnelligkeit der Lösungsfindung an.

Problem-Statement – was steckt dahinter?

Die Beschreibung eines Problems stellt für viele Stakeholder ein großes Problem dar, da in den meisten Fällen das Problem nicht richtig benannt wird. Dies kann die Entwicklung einer geeigneten Lösung erschweren. Selbst wenn „perfekte“ Lösungen für ein schlecht und/oder falsch formuliertes Problem erarbeitet werden, kann dies zu einem unzureichenden Ergebnis führen. Dies wird als Qualitätsmerkmal der Arbeit der Problemlöserinnen und Problemlöser angesehen, weshalb es sehr wichtig ist, das Problem so gut wie möglich zu kennen.

Das Problem-Statement greift genau dieses Thema auf. Es besteht aus einer Reihe von Fragen, die beantwortet werden müssen. Diese werden sowohl für den Ist-Zustand als auch für den Soll-Zustand beantwortet.

  • 1. Was ist passiert?
  • 2. Wie oft passiert es?
  • 3. Wie schlimm ist es? (unter anderem Auswirkungen auf Prozesszeiten, Kosten, Umsatz, Qualität, Reputation, Produktivität, Regulatorik)
  • 4. Wen betrifft es?
  • 5. Wann tritt es auf? Seit wann tritt es auf?
  • 6. Bis wann muss es gelöst sein?
  • 7. Wie ist es bemerkbar?

Ein praktisches Beispiel: Nehmen wir an, wir arbeiten in einem Projekt bei einer Bank und sollen ein Konversionproblem im Kontoeröffnungsprozess analysieren. Die Fragen lauten dann wie folgt:

Der Ist-Zustand: Identifizierung der Aktuellen Situation
  • Was passiert? Kundinnen und Kunden brechen den Kontoeröffnungsprozess häufig ab, insbesondere bei einem bestimmten Schritt.
  • Wie oft passiert es? In rund 30 Prozent der Fälle führen die Kundinnen und Kunden den Kontoeröffnungsprozess nicht zu Ende.
  • Wie schlimm ist es? Hohe Abbruchquoten wirken sich negativ auf die Konversion aus, führen zu Umsatzeinbußen und möglicherweise zu einem schlechten Ruf.
  • Wen betrifft es? Sowohl potenzielle Kundinnen und Kunden, die von einer Kontoeröffnung absehen, als auch das Unternehmen, dem potenzielle Einnahmen entgehen.
  • Wann tritt es auf? Seit wann tritt dieses Problem auf? Das Problem besteht schon seit einiger Zeit, und die Abbrecherquoten sind in den letzten Monaten nicht wesentlich zurückgegangen.
  • Wie ist es bemerkbar? Die Analyse der Analysedaten zeigt, dass es möglich ist, den Schritt zu identifizieren, bei dem die meisten Abbrüche auftreten. Auch die Kundschaft klagt über Schwierigkeiten in diesem Bereich.

Der Soll-Zustand: Verbesserung der Konversion im Kontoeröffnungsprozess

  • Was soll passieren? Kundinnen und Kunden sollten den Kontoeröffnungsprozess ohne unnötige Unterbrechungen abschließen können, insbesondere in dem als problematisch identifizierten Schritt.
  • Wie oft soll es passieren? Ziel ist es, die Abbruchquote um mindestens 20 Prozent zu senken und die Umwandlungsquote zu verbessern.
  • Wie schlimm ist es hier, eher: wie groß ist die Chance? Eine erfolgreiche Optimierung könnte zu einer deutlichen Steigerung der Konversion führen und potenzielle Umsatzgewinne von mehreren hunderttausend Euro pro Jahr bedeuten.
  • Wen betrifft es? Das gesamte Unternehmen profitiert von einer verbesserten Conversion. Die Kundinnen und Kunden erleben eine reibungslosere Kontoeröffnung.
  • Wann tritt es auf? Seit wann tritt es auf? Bis wann muss oder sollte es gelöst sein? Die Lösung sollte so schnell wie möglich umgesetzt werden, damit die Auswirkungen auf die Umstellung zeitnah spürbar werden.
  • Wie merken wir, dass wir fertig sind? Die Abbruchquoten sollten deutlich sinken, insbesondere in der identifizierten Phase. Die Kundenbeschwerden sollten abnehmen und die Konversionsdaten positive Veränderungen zeigen.

Die klassische Vorgehensweise der Business Analyse besteht aus drei Bausteinen: Probleme identifizieren, Lösungen erarbeiten und schließlich die bestmögliche Lösung umsetzen beziehungsweise die Umsetzung begleiten. Gerade die ersten beiden Schritte können herausfordernd sein, wenn die Erarbeitung der Lösung aufgrund unzureichender Vorarbeit bei der Problemdefinition Schwierigkeiten bereitet.

In solchen Situationen können Best Practices als Wegweiser hilfreich sein. Als solches ist auch das Problem-Statement als unterstützende Komponente im operativ/taktischen Tätigkeitsfeld eines Business Analysten eine willkommene Ergänzung, die sich aus meiner Sicht bewährt hat.Die Recherche und Aufbereitung der Informationen für die Aufnahme der Ist- und Soll-Zustände sollte jedoch nicht unterschätzt werden, da der Aufwand je nach Organisationsstruktur und Qualität der vorhandenen Dokumente und/oder Wissensmanagementplattformen variieren kann.Mit dieser Erwartung im Hinterkopf kann die Methodik zu einem besseren Ergebnis führen. Wenn beide Zustände (Ist und Soll) erarbeitet sind, bieten sie einen klaren Kontext für die Soll- und Ist-Situation, was für ein besseres Verständnis der Lücke (eng: Gap) entscheidend sein kann.

Die Lücke, die dann sichtbar wird, bildet die Grundlage für die Erarbeitung von Lösungsansätzen. Es bietet sich an, verschiedene Lösungsansätze von verschiedenen betroffenen Stakeholdern zu sammeln, um bei der Lösungserarbeitung die Meinungsverschiedenheiten abzuwägen. Dabei ist auch der Einfluss der jeweiligen Stakeholder aufgrund ihrer Position zu berücksichtigen, um „Gegner“ im Vorfeld als „Verbündete“ zu gewinnen.

Es empfiehlt sich, die Vorgehensweisen des IREB-Standards zu kennen, da diese bei der Erarbeitung von Lösungen in diesem Schritt sehr hilfreich sein können.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sich nicht um ein starres Rezept handelt, so dass es beliebig angepasst werden kann, um in der jeweiligen Situation das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Fazit

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die Rolle der Business Analystin oder des Business Analysten unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt ist, beispielsweise Product Owner oder Requirements Engineer. Diese vielseitige Rolle kommt überall dort zum Tragen, wo eine enge Zusammenarbeit mit den Stakeholdern erforderlich ist und komplexe Probleme gelöst werden müssen. In diesem Zusammenhang erweist sich das Problem-Statement als ein zentrales Instrument, das nicht auf die spezifische Rolle des Business Analysten beschränkt ist, sondern in den unterschiedlichsten beruflichen Kontexten von großem Interesse sein kann, wenn es darum geht, präzise Herausforderungen zu definieren und erfolgreiche Lösungsansätze zu entwickeln.

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Autor Siver Rajab

Siver Rajab ist Consultant im Bereich Banking bei adesso. Mit einem Hintergrund in Datenintegration und langjähriger Erfahrung als Business Analyst unterstützt Siver Entscheidungsträger dabei, die richtigen Schritte zum Erfolg zu gehen.

Kategorie:

Methodik

Schlagwörter:

Requirements Engineering

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