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Viele Jahre begleitete mich die Herausforderung, mich im digitalen Chaos zurechtzufinden. Dasselbe beobachte ich bei Kolleginnen und Kollegen, die mit vielen Daten arbeiten - verstreute Informationen in verschiedenen Apps, Clouds und Notizbüchern generieren immer mehr unüberschaubares Wissen. Manche Dokumente weisen Lücken auf, durch die man mit einem Raumschiff fliegen könnte. Ein solches System zu managen kann enorm viel Zeit und Nerven kosten. Kommt euch das bekannt vor?

Mit Hilfe von Obsidian ist es mir gelungen, Ordnung in dieses unendliche Chaos zu bringen. Ich habe schon viele andere Lösungen ausprobiert, aber keine hat es mir ermöglicht, meine Organisation so flexibel und effizient zu gestalten.

Obsidian ermöglicht es jedem, sich auf das zu konzentrieren, was ihm als Individuum wichtig ist.

Da wir alle unterschiedlich sind, sollten meine Erfahrungen nicht als allgemeingültiges Rezept angesehen werden. Es gibt kein richtig oder falsch. Meine Denkweise wird nie 1:1 auf die Perspektive einer anderen Person übertragbar sein.

Was ist für mich wichtig?

In Obsidian bieten Plugins - von Benutzerinnen und Benutzern erstellte Erweiterungen - eine Vielzahl zusätzlicher Funktionen. In den folgenden Kapiteln fasse ich zusammen, was mir bei der Benutzung mit und ohne Plugins am meisten aufgefallen ist. Auf ausführliche Anleitungen und detaillierte Auflistungen habe ich verzichtet, da die Nutzung von Obsidian sehr individuell ist und ich keine Einschränkungen suggerieren möchte.

Gutes Gedächtnis

Besprechungen sind das A und O in der Kommunikation mit meinen Kundinnen und Kunden. Um wichtige Punkte nicht aus den Augen zu verlieren, schreibe ich mir persönliche Protokolle mit Stichworten und Aktionen. Schon eine lose Auflistung von wenigen Worten, manchmal aus dem Zusammenhang gerissen, kann Erinnerungen wecken.

Wenn eine Kollegin aus dem Urlaub zurückkommt und mich nach Updates fragt, muss ich nicht mehr in meinem E-Mail-Postfach nach verloren gegangenen, langen Diskussionen suchen und diese ungefiltert weiterleiten. Mit Hilfe von Obsidian und dem Plugin dataview kann ich in Rekordzeit ein viel genaueres Update erstellen.

Auch dank dataview habe ich nur eine ToDo-Liste, die alle für mich unerledigten Aufgaben gesammelt an einem Ort anzeigt (auf meiner Homepage-Notiz). (Da ich dazu neige, Aufgaben auf verschiedene Notizen zu verteilen, bestand früher die Gefahr, dass beim Schließen der Notiz einiges wie durch eine Luftschleuse auf Nimmerwiedersehen verschwand).

Erreichbarkeit von Wissen

Verlässlichkeit ist mir sehr wichtig. Gutes Gedächtnis hin oder her, in der Flut von Anfragen, Aufgaben, Ideen, Wünschen, Plänen und Lerninhalten, die derzeit auf uns einprasseln, geht immer etwas verloren. Mehrmals pro Woche fühle ich mich wie ein Bordcomputer (wenn er denn Gefühle hätte), wenn ich nach Protokollen, Speicherorten, neuen und alten Entwicklungen, Inhalten oder Details gefragt werde. (Anmerkung: ein glücklicher Bordcomputer).

Um mit einem echten Bordcomputer mithalten zu können, habe ich beispielsweise für bestimmte Projekte, Themen oder Ideen eigene Dashboards erstellt, die automatisch eine Übersicht relevanter Notizen anzeigen.Hier sind drei Beispiele.:

Eine Besonderheit von Obsidian sind die Links. Wenn man in mehreren Notizen auf die gleiche Hauptnotiz verlinkt, kann man mit dataview in dieser Hauptnotiz alle eingehenden Links abrufen:


Links in Obsidian

Wenn Notizen verschoben oder ihre Titel geändert werden, ändert Obsidian automatisch alle internen Links.Eine weitere Möglichkeit sind Tags. Die folgende Zeile genügt, um eine Liste aller Notizen mit dem Tag #fasterThanLight zu erstellen:

	
		```dataview
		list from #fasterThanLight
		```
	

Wenn Links und Tags nicht ausreichend Flexibilität bieten, können Notizen um Properties erweitert werden, die beliebig benannt werden können. Properties sind Key-Value-Paare und können mit dataview ausgelesen werden. Angenommen, man hat mehrere Notizen mit der Eigenschaft event, die verschiedene Werte annehmen kann: workshop, daily, conference, leanCoffee. Um ein Inhaltsverzeichnis zu erstellen, das alle Notizen der leanCoffee Meetings anzeigt, benötigt man:

	
		```dataview
		list where event = “leanCoffee”
		```
	

Wenn die intuitive Erstellung solcher Skripte schwierig ist, kann ein LLM (wie ChatGPT) helfen. Damit können nicht nur Inhaltsverzeichnisse erstellt, gruppiert, sortiert, gefiltert und optisch angepasst werden.

Reviews

Im Laufe eines Jahres ereignen sich so viele Ereignisse, dass es - unabhängig von einem guten Gedächtnis - fast unmöglich ist, sich in nur wenigen Tagen oder gar Stunden auf etwas so Umfangreiches wie unser Jahresgespräch vorzubereiten.

Schon vor vielen Jahren habe ich erkannt, wie wichtig die Reflexion der Woche ist, und daran hat sich bis heute nichts geändert. Obsidian hat sich diesem Wert individuell angepasst und unterstützt mich dabei. Dazu lasse ich mir jeden Freitag von Obsidian anzeigen, welche Notizen ich in der Woche gemacht habe. Mit dem Plugin note refactor verschiebe ich bestimmte Informationen in die Notizen von Jahresgespräch, Feedback, Highlights, Lessons learned oder in eine andere relevante Kategorie.

Anstatt also Wissen mehrfach zu duplizieren, kann es extrahiert und referenziert werden. Unter Entwicklerinnen und Entwicklern ist dies als Basiskompetenz unter dem Akronym DRY bekannt: don't repeat yourself.

Nicht nur im Dezember freue ich mich, wie entspannt die Vorbereitung auf das Jahresgespräch ist. Ich bin jedes Mal aufs Neue erstaunt, wie schnell ich verschiedene Reviews erstellen kann und wie unkompliziert die Planung abläuft.

Stakeholder Management

Ja, ich habe für fast jeden Menschen, der mir wichtig ist, eine Notiz in Obsidian. Das klingt vielleicht unheimlich, ist aber rein praktisch. Die Notizen enthalten oft Informationen wie "möchte lieber per E-Mail kontaktiert werden" oder "würde mich freuen, zu Besprechungen über den Erstkontakt mit Außerirdischen eingeladen zu werden".

Zusätzlich benutze ich dataview, um mir anzeigen zu lassen, welche Themen ich wann mit der Person besprochen habe, welche Aufgaben wir noch gemeinsam erledigen müssen, was ich für sie tun soll und worauf ich warte. Die letzten beiden Punkte erscheinen auch auf meiner Homepage-Notiz, da dort alle ToDos automatisch angezeigt werden.


Übersicht der (imaginären) Stakeholder in Obsidian

Fazit

Obsidian hat mich schon nach wenigen Tagen überzeugt, weil sich die Anwendung flexibel an den Benutzer anpasst und nicht umgekehrt. Man kann mit Obsidian ohne große Vorkenntnisse direkt loslegen. Mit zunehmender Erfahrung lassen sich neue Dimensionen freischalten.

Es bietet unzählige Möglichkeiten, praktisch alles nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Ordner, Tags, Links, Eigenschaften, Shortcuts, Vorlagen, Design.

Es hilft mir, den Überblick über die Berge von Informationen zu behalten und reduziert so den Stress erheblich.

Die Offline-Verfügbarkeit ermöglicht die Bearbeitung der Notizen immer und überall (zumindest wenn der Laptop dabei ist). Dank des universellen Markdown-Formats können die Notizen in jedem anderen Markdown-Editor bearbeitet werden, falls es Obsidian morgen nicht mehr geben sollte.

  • Bonuspunkt: Markdown ist auch mit PCs aus den 90er Jahren kompatibel und die Notizen können auf Disketten gespeichert werden. (Bitte trotzdem die Daten zeitgemäß und sicher speichern).
  • Austausch: Es gibt einen für alle adessi offenen Teams-Channel, in dem man sich über Obsidian austauschen kann. Jeder ist willkommen, es gibt keine dummen Fragen und man kann von den Erfahrungen anderer profitieren.
  • Bestellung: Obsidian ist Teil der adesso App-Landschaft und kann voraussichtlich ab Herbst 2024 über Matrix42 bestellt werden. Bis dahin kann die Sonderbestellung genutzt werden.

Ihr möchtet gern mehr über spannende Themen aus der adesso-Welt erfahren? Dann werft auch einen Blick in unsere bisher erschienenen Blog-Beiträge.

Bild Lea Prochnau

Autorin Lea Prochnau

Requirements Engineering ist der Schwerpunkt ihrer Arbeit und liegt Lea besonders am Herzen. Organisation ist ihre Stärke und es bereitet ihr große Freude, Inhalte und Prozesse sichtbar und verständlich zu machen. Optimierung, Automatisierung und Performancesteigerung sind für sie tägliche Aufgaben, die ihre Kreativität und ihr Wissen herausfordern und ihren Arbeitsalltag bereichern. Neben der Informatik verfügt Lea über fünf Jahre Erfahrung in der Halbleiterindustrie und im Sondermaschinenbau mit hochpräziser Fertigung sowie über zwei Jahre Erfahrung in der universitären Forschung.

Kategorie:

Methodik

Schlagwörter:

Projektmanagement

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