24. Februar 2022 von Stephen Lorenzen, Georg Benhöfer und Lars Zimmermann
Meilenstein bei der Digitalisierung der Energiewende? Das dritte Gateway ist da
Der Smart-Meter-Rollout sorgt in der Energiewirtschaft seit vielen Jahren für einige Ambivalenz – viel Trubel, viel Arbeit und gleichzeitig viel Stillstand. Glaubt man den Worten des Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönborn, ist nun ein Meilenstein bei der Digitalisierung der Energiewende erreicht. Worum es bei diesem Meilenstein geht und was das sieben Jahre nach Veröffentlichung des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) für den Smart-Meter-Rollout bedeutet, erläutern wir in diesem Blog-Beitrag.
Was ist der Hintergrund?
Im Jahr 2016 wurde das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW), welches das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) beinhaltet, veröffentlicht. Das MsbG soll verbindliche Rahmenbedingungen für den sicheren und datenschutzkonformen Einsatz von intelligenten Messsystemen schaffen. Das intelligente Messsystem besteht mindestens aus einer modernen Messeinrichtung, umgangssprachlich auch Smart Meter genannt, und dem Smart-Meter-Gateway (SMGW). Das SMGW soll dabei als zentrale Kommunikationsschnittstelle für alle gemessenen Verbräuche dienen – vom Verbrauchenden an berechtigte Marktteilnehmende. Für die Energiewende ist der Einsatz solcher intelligenten Messsysteme wichtig. Denn während sich konventionelle Kraftwerke auf uns Verbraucherinnen und Verbraucher einstellen können, achten Wind und Sonne weniger stark auf unser Verbrauchsverhalten. Entsprechend muss sich für eine erfolgreiche Energiewende ein Wechsel von der verbrauchsorientierten Erzeugung hin zum erzeugungsorientierten Verbrauch vollziehen. Um technisch in der Lage zu sein, flexibel auf die Erzeugung reagieren zu können, ist digitale Intelligenz, wie zum Beispiel durch das intelligente Messsystem, entscheidend.
Mit dem MsbG wurde also vor sieben Jahren die rechtliche Grundlage für den Rollout von intelligenten Messsystemen geschaffen. Einerseits technisch, unter anderem durch Spezifikationen zur Datensicherheit, und andererseits organisatorisch durch die Verpflichtung der Messstellenbetreiber zum Aufbau eben dieser digitalen Infrastruktur.
Der Gesetzgeber hat dem BSI die Verantwortung für die Entwicklung von Anforderungen an das intelligente Messsystem übertragen. Dazu gehören Anforderungen an vertrauenswürdige Produktkomponenten (SMGW mit integriertem Sicherheitsmodul), an deren sicheren IT-Betrieb (Administration) und an die vertrauenswürdige Kommunikationsinfrastruktur (Smart-Metering-Public-Key-Infrastruktur). Hierfür definiert das BSI die technischen Standards. Diese sollen den Datenschutz, die Datensicherheit und die Interoperabilität auf höchstem Niveau gewährleisten und stellen somit die Grundvoraussetzung für Vertrauen und Akzeptanz dar. Zur Markterklärung beziehungsweise zum Start des Rollouts der Smart Meters werden aufgrund wettbewerblicher und regulativer Rahmenbedingungen drei Gateways benötigt, die den Anforderungen des BSI entsprechen. Die nun erfolgte Zertifizierung von drei Gateways ist vor diesem Hintergrund also ein verpflichtender Meilenstein.
Ziel war es, bis 2023 eine Einbauquote von zehn Prozent zu erreichen. Dieses Ziel wurde durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen im März 2021 gefährdet. Dieser Eilbeschluss gab nämlich bekannt, dass die Allgemeinverfügung des BSI zum Smart-Meter-Rollout ausgesetzt wird. Somit waren Messstellenbetreiber vorläufig nicht mehr verpflichtet, intelligente Messsysteme zu verbauen. Die Ursache hierfür lag in der Änderung der Mindestanforderungen an die Geräte, die das BSI vorgenommen hatte. Diese entsprachen nach der Anpassung nicht mehr den Voraussetzungen des MsbG. In Reaktion darauf ist der Gesetzgeber unter intensivem Einbezug der Verbände aktiv geworden und hat Anpassungen des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) erarbeitet. Die daraus entstandene Novelle des MsbG trat am 27.07.2021 in Kraft. Die Änderungen betreffen im Wesentlichen den Bestandsschutz, die Konkretisierung des systemischen Ansatzes, die Legitimation des stufenweisen Rollouts sowie die Evaluation des Standes der Technik. Weitere Infos dazu findet ihr in unserem Blog-Beitrag zum Thema Klarheit im Smart-Meter-Rollout.
Was ist nun kürzlich passiert?
Vor wenigen Wochen erteilte das BSI erneut die erforderlichen Zertifikate für die drei notwendigen Hersteller von Smart-Meter-Gateways. Diese erfüllen nun die Anforderungen an die Interoperabilität nach dem MsbG, die im Gerichtsurteil des OVG Nordrhein-Westfalen den Hauptstreitpunkt ausmachten.
Zu den drei Herstellern zählen die Unternehmen EMH Metering, die Theben AG sowie die PPC AG.
BSI-Präsident Arne Schönborn sagte dazu: „In den Konformitätsbewertungsverfahren konnte nun auch formal durch eine unabhängige Prüfstelle die Interoperabilität der Gateways bestätigt werden. Wir haben damit einen wichtigen Meilenstein bei der Digitalisierung der Energiewende erreicht, auf dessen Basis ein beschleunigter Rollout intelligenter Messsysteme weiter vorangetrieben werden kann.“
Und wie geht es nun weiter?
Die Messstellenbetreiber müssen den Rollout nach MsbG von nun an weiter fortsetzen. Für das Jahr 2022 ist Messstellenbetreibern bezüglich des Smart-Meter-Rollouts zu raten, die Pflichteinbaufälle so weit zu realisieren, dass die zehnprozentige Pflicht-Rollout-Quote bis zum entsprechenden Stichtag im Jahr 2023 eingehalten werden kann.
Übrigens: Auf unserer Website erfahrt ihr mehr zu unseren Leistungen im Bereich der Energiewirtschaft. Unsere Expertinnen und Experten bringen den richtigen Mix aus Technologieexpertise und fundiertem Verständnis für euer Digitalisierungsprojekt mit.
Weitere spannende Themen aus der adesso-Welt findet ihr in unseren bisher erschienenen Blog-Beiträgen.
Auch interessant: