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Künstliche Intelligenz - Zwischen Bedrohung und Heilmittel

Technologie entwickelt sich exponentiell. Wir müssen nicht mehr zur Drogerie laufen, um unsere Urlaubsfotos abzuholen, nicht mehr zur Bank, um den Kontostand zu erfahren oder die Steuererklärung händisch ausfüllen und zur Post bringen. Die Digitalisierung erleichtert das Leben und betrifft Wirtschaft, Gesellschaft, Bildung und Kultur zugleich. Bereits 1965 erkannte Gordon Moore - Mitgründer der Firma Intel - dass sich die Anzahl der Transistoren auf einem Mikrochip circa alle 18 Monate verdoppelt und damit auch die Rechenleistung und Möglichkeiten für uns Nutzer.

Technologie sorgt aber auch für Verunsicherung. Besonders deutlich wird das beim Hype rund um das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Die öffentlichen Diskussionen über KI reichen dabei, nicht zuletzt aufgrund der jahrelangen Vorarbeit der Science-Fiction-Autoren, von der utopischen Befreiung jeglicher lästiger Arbeit bis hin zu dystopischen Szenarien über die Entmachtung der Menschheit. Eine repräsentative TÜV-Studie enthüllte beispielsweise, dass 28 Prozent der Befragten ein negatives oder sehr negatives Bild zu diesen Technologien haben. Das Thema ist emotional stark aufgeladen und vor allem voller Mythen, die mit der Realität wenig gemein haben.

Wie soll man sich dem Thema nüchtern nähern, das Machbare im Auge behalten und empathisch auf die Befürchtungen der Menschen eingehen? Vor dieser Herausforderung stehen aktuell die meisten Entscheider und das nicht nur in der Privatwirtschaft, sondern vor allem in der öffentlichen Verwaltung. Denn gerade dort sind die Rahmenbedingungen komplexer als in ihren privatwirtschaftlichen Pendants.

Public vs. Private - Was unterscheidet die öffentliche Verwaltung von der Privatwirtschaft?

In der Privatwirtschaft folgen einzelne KI-Initiativen meist übergeordneten Zielen der Unternehmensleitung oder zumindest sollten sie das. Es ist nur schwer vorstellbar, dass in einem Unternehmen die Vertriebsabteilung eigene KI-Projekte vorantreibt, während die Marketingverantwortlichen davon völlig losgelöst, auf andere KI-Themen setzen. In der öffentlichen Verwaltung kommt es jedoch zu genau dieser Konstellation.

Das liegt vor allem an der föderalen Organisationsstruktur der Bundesrepublik. Denn hier besitzen die Landesregierungen eine eigene Hoheitsgewalt über ihren Zuständigkeitsbereich, auf den die Bundesregierung nur unter bestimmten Bedingungen Einfluss nehmen kann. Gleichzeitig spielen Regelungen auf EU-Ebene eine wichtige Rolle. Am Beispiel von KI sind das einerseits die KI-Strategie des Bundes, die mit der Initiative “KI für Europa” und den zugehörigen Strategien “Koordinierter Plan für Künstliche Intelligenz" und “Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz” wechselwirken. Auf der anderen Seite haben die Bundesländer eigene KI-Strategien, die jeweils auch eigene Schwerpunkte festlegen. Daraus ergibt sich eine Gemengelage, die zahlreiche Beteiligte mit unterschiedlichen Kompetenzen, fachlichen Voraussetzungen und technischen beziehungsweise finanziellen Ausstattungen umfasst. Vom Einfluss der verschiedenen Beratungsgremien auf allen föderalen Ebenen ganz zu schweigen.

Das Ergebnis: Es existieren ähnliche Aktivitäten auf verschiedenen Ebenen und unterschiedliche KI-Kompetenzen, -Konzepte und operative Maßnahmen nebeneinander.

Dazu kommen noch rechtliche Rahmenbedingungen und Treiber, die alle Behörden dazu verpflichten, das Thema der elektronischen Verwaltung zu fördern - etwa das E-Government-Gesetz. Oder das Bundesbeamtengesetz, das vollständig autonome, beamtenrechtliche Entscheidungen verbietet, sofern kein anderes Gesetz dies explizit erlaubt. Das bedeutet, Innovationspotenziale für die öffentliche Verwaltung sind unter diesen Gesichtspunkten vor allem im entscheidungsunterstützenden Bereich und bei Entscheidungen ohne Ermessensspielraum denkbar. Und auch dann müssen die maschinellen Entscheidungen nachvollziehbar sein. Denn ohne die gesicherte Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen, kann die richterliche Kontrolle möglicherweise nur unzureichend wahrgenommen werden.

Was folgt daraus?

Die Vielzahl der Beteiligten und die komplexen Verfahrensanforderungen sorgen dafür, dass die Prozesse der öffentlichen Verwaltung das hohe Tempo der technologischen Weiterentwicklung – gerade bei KI-Technologien – nicht mitgehen können. Die Prozesse zur kooperativen Entscheidungsfindung und -umsetzung sind in föderalen Strukturen schlichtweg langwieriger, als sie es in der Privatwirtschaft sind. Hinzu kommt: In vielen Bereichen gibt es staatliche Prozesse, Angebote und Services ohne privatwirtschaftliche Äquivalente. Es bedarf Individuallösungen, denen Standardprodukte nicht gerecht werden. Das sind Gründe, weswegen KI-Anwendungen in der Praxis der Verwaltungsarbeit noch rar gesät sind und wieso es besondere Herausforderungen für IT-Initiativen in der öffentlichen Verwaltung gibt.

Wie sollen die Verantwortlichen in der öffentlichen Verwaltung also mit dem Thema KI umgehen?

Hier spielen mehrere Aspekte eine Rolle. Zunächst ist da der Mangel an einer übergreifenden Strategie und an der Synchronisation und Koordination der Aktivitäten. Die Politik und die Gesetzgebung auf Bundes- und Landesebene müssen die rechtlichen Leitlinien festlegen und einen Rahmen für KI-Aktivitäten und -Projekte schaffen, damit KI als sinnvolles Werkzeug in der öffentlichen Verwaltung etabliert werden kann. Die Entscheiderinnen und Entscheider müssen übergreifende Strategien, Regelungen sowie technologische und organisatorische Standards rund um das Entwickeln und den Einsatz von KI-Anwendungen definieren. Dies entspricht der klassischen Top-Down-Planung, wie sie für Unternehmen typisch ist.

Bei diesem Vorgehen kann adesso unterstützen. Unsere Fach- und Technologieexpertinnen und -experten begleiten Ihre KI-Vorhaben mit erprobten Methoden und Best Practices, um im Rahmen einer übergreifenden KI-Strategie aus einer gemeinsam definierten Vision – dem Zielbild – eine Roadmap zur Umsetzung abzuleiten. Hierfür setzen wir zum Beispiel das Workshopformat „Interaction Room:KI“ ein, mit dem wir Entscheidern dabei helfen, sich bei der Vielfalt der KI-Potenziale auf das Wesentliche zu konzentrieren: das, was sie brauchen und das, was den größten Nutzen bringt. Am Ende dieses Workshops, können die Beteiligten die Fragen beantworten: Wo stehe ich? Was sind die richtigen nächsten Schritte, um KI-Potentiale auszuschöpfen?


Der Workshop-Verlauf im Überblick

Im Ergebnis entsteht eine Vision, welche den Auftrag des KI-Einsatzes und die damit verbundenen Vorteile und Rahmenbedingungen in der öffentlichen Verwaltung beschreibt. Gleichzeitig adressiert und berücksichtigt es auch die Erwartungen und Bedenken der Bevölkerung. Auf dieser Basis leiten die Beteiligten überprüfbare Ziele für den KI-Einsatz in ihrer Organisation ab. Solche Ziele können zum Beispiel die Erhöhung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit von Verwaltungsvorgängen oder eine bessere Bereitstellung von Wissen sein. In weiteren Workshops werden dann die Ziele auf konkrete Handlungsfelder und Fachdomänen abgebildet und explizite Anwendungsszenarien für den KI-Einsatz identifiziert.

Die erarbeiteten Anwendungsszenarien erfordern Maßnahmen in verschiedenen Themenfeldern, wie Technologie und Infrastruktur, Ethik und Recht, Organisation und Prozesse, Kommunikation und Personal sowie Change Management, um die Organisation und den Einzelnen zum Umgang mit KI-Anwendungen zu befähigen. Ist das bewältigt, können die Beteiligten die Maßnahmen in Form einer Roadmap auf der Zeitachse planen und in einer Gesamtstrategie zusammenfassen.

Die konkrete Umsetzung des Anwendungsfalles in ein solides KI-Produkt, kann nach dem adesso-Softwareentwicklungsmodell „Building AI-based Systems“ erfolgen. Der Charme dieses Vorgehensmodells liegt in seinem iterativen Ansatz, der dem Unsicherheitsaspekt von KI-Projekten Rechnung trägt. Denn hier werden KI-Modelle zuerst im Kleinen erprobt, bevor die eigentliche Softwareentwicklungsmaschinerie in Gang gesetzt wird. Das spart Geld und garantiert bei Tragfähigkeit der Idee die nötige Qualität für den Produktivbetrieb.

Solch ein Vorgehen bündelt Kompetenzen und Ressourcen über alle Verwaltungsebenen und verhindert das unnötige Bearbeiten ähnlicher Themen in mehreren, unkoordinierten Projekten. Auch schafft es Standards für den Umgang mit und für den Einsatz von KI-Technologien, beschleunigt Prozesse und Entwicklungen und gibt Sicherheit für den Einsatz von Ressourcen. Denn Standards erleichtern das Entstehen von Ökosystemen und garantieren qualitative Mindestniveaus quer durch alle Prozesse und Entwicklungsvorhaben.

Kurz, es schafft die Voraussetzung dafür, dass die öffentliche Verwaltung konkrete KI-Anwendungsfälle auf operativer Ebene effizienter entwickelt und umsetzt.

Ihr möchtet mehr zum Thema „Building AI-based Systems“ erfahren? Dann werft einen Blick auf unsere Website. In unseren bisher erschienenen Blog-Beiträgen erfahrt ihr mehr über spannende Themen aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung.

Bild Dennis  Dachkovski

Autor Dennis Dachkovski

Dennis Dachkovski studierte Physik mit den Schwerpunkten Numerik und Quantenmechanik an der Freien Universität Berlin. Nach verschiedenen Stationen in der Halbleiterbranche, sowohl als Forscher für neuartige Technologien als auch als Projektleiter für die Automatisierung von Epitaxie- und Ätzprozessen, spezialisierte er sich auf die Künstliche Intelligenz. Seit 2019 ist er bei adesso als Technologieberater für den Einsatz von KI im öffentlichen Sektor tätig.

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