27. Februar 2023 von Mike Deecke
Jeder an seinen Platz - Ein umfassender Leitfaden zum Rollenverständnis
In funktionsorientierten Unternehmen existieren traditionell hierarchische Strukturen. Das obere Management gibt die Business-Strategie vor. Das mittlere Management bildet die erste Aufgabenebene, gefolgt von der Teamleitung und dem Team an sich. So werden Aufgaben ergebnisorientiert bearbeitet. Es gibt eindeutige Stellen mit klaren Stellenbeschreibungen. Die Funktion bestimmt die Position im Unternehmen.
In prozessorientierten Unternehmen startet die betriebliche Ausrichtung ebenfalls bei der Strategie. Die Vorgabe aus dem oberen Management wird nun mit Hilfe von Prozessmodellen abgebildet. Das mittlere Management ist nicht unbedingt nach Fachrichtungen aufgeteilt – hier geben eher die Prozessarten und Prozesstypen die Einteilung und Zuteilung vor. Teams orientieren sich an Prozessketten und arbeiten die Aufgabenpakete kundenorientiert ab. Die Rollen bestimmen die Positionen im Unternehmen.
Kein Richtig und kein Falsch
Je nach persönlicher Sicht und Neigung wird eines der oberen Strukturmodelle präferiert oder bildet sich bedingt durch die Unternehmenskultur. Aus dem Taylorismus heraus hat sich das funktionsorientierte Modell im 20. Jahrhundert als praktikabel erwiesen. Was bei geringem Wettbewerbsdruck noch funktionierte, zeigt in Zeiten hohen Marktdrucks seine Schwächen sehr deutlich. Die oft als Silos bezeichneten Funktionsbereiche (Abteilungen) behindern das notwendige Zusammenspiel für die Wettbewerbsfähigkeit.
Die träge Marktsituation wurde durch dynamische und netzwerkgetriebene Kundenerwartungen abgelöst. Dennoch lassen sich Unternehmensstrukturen nicht so einfach umstellen. Zumal es sich um eine generelle Umorientierung handelt.
Jeder an seinem Platz
Im Folgenden habe ich euch eine Auflistung von idealtypischen Rollen in einem funktions- und prozessorientierten Unternehmen zusammengestellt. Die Rollen lassen sich in fachliche und technische Rollen aufgliedern. Innerhalb der Gliederung kann – wie im Folgenden dargestellt – zwischen den Rollen der strategischen und der operativen Ebene differenziert werden. Hinzu kommen weitere Rollen aus der Aufbauorganisation oder dem Umsetzungsvorhaben.
Strategische Ebene: Fachliche Rollen - Tendenzielle Beratungsrollen
Managing Consultant
Der Managing Consultant berät im Umfeld Organisationsmanagement, verifiziert gemeinsam mit dem Auftraggeber den Business Case und klärt Unklarheiten mit Bezug auf den Arbeitsauftrag. Er schätzt den Kontext treffend ein und gibt Handlungsempfehlungen zur Vorgehensstrategie, zu beteiligten Rollen sowie deren Leistungen und am Ende des Projektes zum weiteren Vorgehen.
Der Management Consultant hingegen ist weitläufig auf die reine Unternehmensstrategieberatung fokussiert.
Top-Fähigkeiten: strategisch, lösungsorientiert, innovativ, transparent, kommunikationsstark
Managing Mentor
Der Managing Mentor unterstützt begleitend bei Entscheidungsfragen durch situative Vergleiche innerhalb und außerhalb des Themenkomplexes. Er stellt andere Sichtweisen dar und ermöglicht so, weitere Perspektiven einzunehmen, um mit größter Wahrscheinlichkeit die bessere Entscheidung zu treffen.
Top-Fähigkeiten: erfahren, lösungsorientiert, innovativ, empathisch, direkt, urteilsfähig, neugierig
Managing Coach
Der Managing Coach bildet Managerinnen und Manager sowie Führungskräfte in Seminaren durch Aufzeigen möglicher Handlungsoptionen in betriebswirtschaftlichen Situationen aus. Er verdeutlicht die wichtigsten Fragmente, Ziele, Motive, Methoden, Modelle und Werkzeuge im Umfeld seines Kompetenzbereiches.
Top-Fähigkeiten: methodisch, strukturiert, objektiv, innovativ
Business Analyst (nicht technisch)
Der Business Analyst ist dafür verantwortlich, relevante fachliche Informationen in einer Vielzahl von Quellen einschließlich Tools, Prozessen, Dokumentationen und sonstiger Daten zu entdecken, zu synthetisieren, zu analysieren und zu bewerten, um hauptsächlich fachliche Schwachstellen aufzudecken.
Top-Fähigkeiten: analytisch, akribisch, gründlich, methodisch, objektiv, empathisch, direkt
Business Requirements Engineer
Der Business Requirements Engineer ermittelt die notwendigen Stakeholder und verantwortet das Ermitteln, Analysieren, Spezifizieren und Validieren aller geschäftlichen Anforderungen je nach Zielsetzung.
Top-Fähigkeiten: prozesserfahren, strukturiert, neugierig, innovativ, objektiv
Business Architect (nicht technisch)
Der Business Architect verantwortet im Einklang und ausgerichtet an den Unternehmenszielen und der Unternehmenskultur die Validierung und Operationalisierung von Geschäftsstrategien durch die Abbildung von Strukturen, Prozessen, Methoden und Werkzeugen.
Top-Fähigkeiten: wissend über Geschäftsmodell sowie Prozess- und Systemlandschaft, innovativ, objektiv
Process Analyst / Prozessanalyst und -analystin
Der Process Analyst verantwortet die hinreichende Darstellung der zu analysierenden Prozesse und deren Analyse sowie die Bewertung, um u. a. prozessuale Schwachstellen in der Erfüllung aller tat-sächlichen Anforderungen zu identifizieren.
Top-Fähigkeiten: analytisch, akribisch, gründlich, methodisch, objektiv, empathisch, direkt
Prozessdesigner und -designerin
Prozessdesignerinnen und -designer verantworten den abteilungsübergreifenden Entwurf, die Auswahl und die Sequenzierung von Workflow- und Prozessschritten.
Top-Fähigkeiten: prozesserfahren, handlungsorientiert, objektiv, kunden- und lösungsorientiert
Operative Ebene: Fachliche Rollen - Tendenzielle Ausführungsrollen
Business Requirements Manager
Der Business Requirements Manager verantwortet die Organisation, Planung, Initiierung, Steuerung, Überwachung und Erfüllung aller geschäftlichen Anforderungen je nach Zielsetzung.
Top-Fähigkeiten: prozess- und projekterfahren, strukturiert, objektiv
Business Product Manager
Der Business Product Manager verantwortet ein Produkt, einen Service oder eine Dienstleistung. Er erstellt die Business Use Cases und übernimmt die fachliche Planung, Steuerung und Kontrolle seines Produktes, eines Service oder einer Dienstleistung während dessen Lebenszyklus.
Top-Fähigkeiten: marktbewusst, prozesserfahren, kundenorientiert, innovativ
Prozesskoordinator und -koordinatorin
Prozesskoordinatorinnen und -koordinatoren sind persönlich verantwortlich für die Prozesslandschaft der Kern- und Supportprozesse. Sie übernehmen die Gestaltung der Effizienz und die Einhaltung der Effektivität zugewiesener Prozesse nach der strategischen Ausrichtung des Unternehmens.
Top-Fähigkeiten: wissend über Geschäftsmodell und Prozesse, rollenbewusst, objektiv
Prozesseigner und -eignerin
Prozesseignerinnen und -eigner sind persönlich verantwortlich für einen zugewiesenen Prozess. Sie verantworten die Gestaltung der Effizienz und die Einhaltung der Effektivität eines Ablaufes.
Top-Fähigkeiten: prozesserfahren, rollenbewusst, lösungsorientiert, objektiv
Fachlicher Applikationskoordinator/fachliche Applikationskoordinatorin
Fachliche Applikationskoordinatorinnen und -koordinatoren sind persönlich verantwortlich für die Applikationslandschaft. Sie werden durch die Gesamtleitung bestimmt, um die genutzten Applikationen fachlich passend zur Prozesslandschaft strategieorientiert auszurichten.
Top-Fähigkeiten: wissend über System- und Prozesslandschaft, rollenbewusst, objektiv
Fachlicher Applikationseigner/fachliche Applikationseignerin
Fachliche Applikationseignerinnen und -eigner sind persönlich verantwortlich für eine Anwendung. Sie verantworten die Gestaltung der Effizienz und die Einhaltung der Effektivität zugewiesener Anwendungen aus fachlicher Sicht.
Top-Fähigkeiten: systemerfahren, rollenbewusst, lösungsorientiert, objektiv
Key User
Ein Key User hat sich auf ein Produkt oder ein System spezialisiert, besitzt tieferes Verständnis und eine höhere Fachkompetenz als andere Anwenderinnen oder Anwender. Der Key User dient oft als erster Ansprechpartner für Fragestellungen rund um das Produkt oder das System.
Top-Fähigkeiten: anwendungserfahren, kommunikativ, lösungsorientiert, initiativ
Power User
Power User nutzen bestimmte Prozess- oder Systemeigenschaften intensiver als andere Anwenderinnen oder Anwender. Ähnlich dem Key-User besitzt der Power User durch die intensive Nutzung ein tiefes Verständnis. Der Power User kennt alle Eigenschaften und Eigenheiten eines Prozesses oder eines Systems.
Top-Fähigkeiten: anwendungserfahren, lösungsorientiert, innovativ
Strategische Ebene: Technische Rollen - Tendenzielle Beratungsrollen
Technical Analyst / Technischer Analyst und technische Analystin
Der Technical Analyst ist dafür verantwortlich, relevante technische Informationen in einer Vielzahl von Quellen innerhalb eines Unternehmens einschließlich Tools, Prozessen, Dokumentationen und sonstiger Daten zu entdecken, zu synthetisieren und zu analysieren.
Top-Fähigkeiten: analytisch, akribisch, gründlich, methodisch, objektiv, empathisch
Enterprise Architect (technisch)
Ein Enterprise Architect leitet aus der Unternehmensstrategie die technischen Geschäftsanforderungen ab, um diese mit Hilfe der technischen Möglichkeiten im Zusammenhang mit externen und internen Faktoren umzusetzen. Der Enterprise Architect besitzt dabei eine übergreifende Sicht auf die Organisation.
Top-Fähigkeiten: wissend über Geschäftsmodell sowie Prozess- und Systemlandschaft, innovativ, objektiv
System Architect
System Architects sind für die Planung, Entwicklung und Modernisierung von Systemarchitekturen verantwortlich. System Architects entwerfen funktionale IT-Systeme und spezifizieren diese auf die jeweiligen Anforderungen.
Top-Fähigkeiten: wissend über Geschäftsmodell und Prozesse, innovativ, objektiv
Solution Architect
Der Solution Architect verantwortet die Evaluierung der betriebswirtschaftlichen Bedürfnisse sowie das Erarbeiten, Entwickeln und Optimieren technischer Lösungen, um die IT- und Geschäftsstrategie in der Praxis in Einklang bringen zu können.
Top-Fähigkeiten: wissend über technische und unternehmerische Modelle, kommunikationsstark
Technical Requirements Engineer
Der Technical Requirements Engineer verantwortet die Organisation, Planung, Initiierung, Steuerung, Überwachung und Erfüllung aller technischen Anforderungen je nach Zielsetzung.
Top-Fähigkeiten: prozesserfahren, strukturiert, neugierig, innovativ, objektiv
Operative Ebene: Technische Rollen - Tendenziell Ausführungsrollen
Technical Requirements Manager
Der Technical Requirements Manager verantwortet das Ermitteln, Analysieren, Spezifizieren und Validieren aller technischen Anforderungen je nach Zielsetzung.
Top-Fähigkeiten: system- und projekterfahren, strukturiert, objektiv
Technical Product Manager
Der Technical Product Manager verantwortet technisch ein Produkt, einen Service oder eine Dienstleistung. Er erstellt die Technical Use Cases und übernimmt die technische Planung, Steuerung und Kontrolle seines Produktes, Service oder seiner Dienstleistung während des Lebenszyklus.
Top-Fähigkeiten: marktbewusst, systemerfahren, kundenorientiert, innovativ
Technischer Applikationskoordinator/technische Applikationskoordinatorin
Technische Applikationskoordinatorinnen und -koordinatoren sind persönlich verantwortlich für die Applikationslandschaft. Er wird durch die Gesamtleitung bestimmt, um die genutzten Applikationen technisch passend zur Prozesslandschaft strategieorientiert auszurichten.
Top-Fähigkeiten: wissend über System- und Prozesslandschaft, rollenbewusst, objektiv
Technischer Applikationseigner/technische Applikationseignerin
Technische Applikationseignerinnen und -eigner sind persönlich verantwortlich für eine Anwendung. Sie verantworten die Gestaltung der Effizienz und die Einhaltung der Effektivität zugewiesener Anwendungen aus technischer Sicht.
Top-Fähigkeiten: systemerfahren, rollenbewusst, lösungsorientiert, objektiv
Key Developer
Der Key Developer ist als Schlüsselfigur für die Entwicklung unverzichtbar. Er besitzt eine ausgezeichnete Vorstellung von der Betriebsarchitektur der Systemlandschaft und zusätzlich ein sehr gutes Verständnis über den Kern der Software.
Top-Fähigkeiten: wissend über Systemlandschaft, systemerfahren, lösungsorientiert
Frontend Developer
Der Frontend Developer entwickelt Benutzeroberflächen dynamischer Anwendungen und übernimmt die Konzeption moderner und nutzerfreundlicher User Interfaces und Responsive Designs für Websites, E-Shops oder andere Webanwendungen.
Top-Fähigkeiten: anwenderorientiert, lösungsorientiert, kommunikativ
Backend Developer
Der Backend Developer beschäftigt sich mit der Entwicklung und Programmierung des Servers einer Anwendung oder einer Website. Er verantwortet somit die Technologie und die Programme, die im Hintergrund einer Anwendung laufen.
Top-Fähigkeiten: anwenderorientiert, lösungsorientiert, kreativ
Testmanager/Testmanagerin
Testmanagerinnen und -manager übernehmen die Planung, Koordination und Kontrolle der verschiedenen Testaktivitäten. Sie verantworten die Entwicklung und Festlegung der geeigneten Testmethoden und Testwerkzeuge. Die fachliche Leitung und Steuerung des Testteams sowie die Dokumentation der Testaktivitäten und Aufbereitung der Ergebnisse gehören ebenfalls zu den Aufgaben.
Top-Fähigkeiten: lösungsorientiert, kreativ, beständig, präzise, sorgfältig
Softwaretester und -testerinnen
Softwarertesterinnen und -tester führen die Testaktivitäten operativ aus. Sie sind verantwortlich für das Durchführen von manuellen Softwaretests, das Erstellen neuer Testfälle und die Pflege der Dokumentation.
Top-Fähigkeiten: lösungsorientiert, kreativ, beständig, präzise, sorgfältig
Weitere eingebundene Rollen
Oberes Management
Das obere Management ist verantwortlich für die Entwicklung einer Unternehmensvision, die Ausarbeitung der Strategie und der resultierenden Ziele und die Auswahl der Lösungsbausteine. Hinzu kommen die Kommunikation und die fachliche Koordination der Geschäftsorganisationen.
Mittleres Management
Das mittlere Management definiert die operativen und taktischen Fachziele basierend auf Strategievorgaben. Es leitet für seinen Bereich entsprechende Strukturen in der Aufbau- und Ablauforganisation ab und setzt diese um.
Projektleiter und -leiterinnen
Projektleiterinnen und -leiter (auch Projektmanagerinnen und -manager genannt) sind für die operative Planung und Steuerung des Auftrages verantwortlich. Je nach Auftragsart sind sie in diesem Zusammenhang für das Erreichen von Sach-, Termin-, Kosten- bzw. Qualitätszielen im Rahmen des Auftrages zuständig.
Top-Fähigkeiten: methodenkompetent, strukturiert, kommunikationsstark, diplomatisch
Change Manager
Der Change Manager unterstützt bei betrieblichen Veränderungsprozessen das Management und die Mitarbeitenden darin, den angestrebten Wandel erfolgreich zu meistern.
Top-Fähigkeiten: empathisch, kommunikationsstark, diplomatisch, glaubwürdig
Change Agent
Ein Change Agent ist eine Fachkraft für die konstruktive Herbeiführung von Klärungen in Entscheidungs- und Konfliktsituationen sowie in Veränderungsprozessen im persönlichen, organisatorischen, wirtschaftlich-technologischen oder politisch-sozialen Bereich.
Top-Fähigkeiten: empathisch, kommunikationsstark, diplomatisch, glaubwürdig
Management Coach
Der Management Coach übernimmt die Beratung in Modellen, Konzepten, Methoden und Verfahren im Kontext seines Themengebietes, um unter anderem ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Unternehmenselemente zu schaffen.
Top-Fähigkeiten: Subject Matter Expert, empathisch, methodisch, kommunikationsstark
Fachexperte und Fachexpertin / Subject Matter Expert
Ein Subject Matter Expert ist eine Person, die in einer bestimmten Domäne, einem bestimmten Bereich oder Thema Expertin bzw. Experte ist. Als Subject Matter Expert besitzt diese Person viele Erfahrungen aus der Theorie und vor allem aus der praktischen Anwendung.
Top-Fähigkeiten: fachkompetent, lösungsorientiert, anwendungsorientiert
Betriebsrat
Der Betriebsrat ist eine institutionalisierte Arbeitnehmervertretung in Betrieben, Unternehmen und Konzernen. Bei vielen betrieblichen Angelegenheiten besitzt der Betriebsrat ein Mitspracherecht und sollte nicht zuletzt wegen dieser Eigenschaft stets in allen beratenden Vorhaben eingebunden sein.
Fazit
In einem Unternehmen existieren neben den offiziellen Stellen noch weitere Rollen. Diese Rollen sind oft nicht hinlänglich beschrieben und nicht ausreichend besetzt. Mit der funktionsorientierten Sicht verwehrt sich das Unternehmen oft das Potenzial der prozessorientierten Rollen. Mit dem Bewusstsein über die unterschiedlichen Rollen im Unternehmen fällt es leichter, die Aufgaben zu verstehen, die Verantwortungen zu übernehmen und die Erwartungen zu erfüllen.
Unser Beitrag
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