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Die Gaspreise in Europa haben in letzter Zeit ein überraschend niedriges Niveau erreicht. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu den hohen Preisen im Sommer 2022, als Russland seine Gasexporte nach Europa drosselte und die Energierechnungen in die Höhe trieb. Obwohl die Preise derzeit niedrig sind, wird vor einer zu optimistischen Sichtweise gewarnt, da Europa vor weiteren Herausforderungen stehen könnte. Welche Faktoren hinter dem Preisverfall stehen und wie diese Entwicklung einzuordnen ist, erklären wir in diesem Blog-Beitrag.

Wo steht der Gaspreis?

Der europäische TTF-Benchmark (Title Transfer Facility) hat kürzlich einen Tiefstand von 35,20 Euro pro Megawattstunde (MWh) erreicht. Dies spiegelt ein Niveau wider, das zuletzt im Juli 2021 erreicht wurde, als Russland im Vorfeld seiner Invasion in der Ukraine begann, die europäische Energieversorgung zu belasten. Der TTF-Referenzpreis erreichte im Sommer 2022 einen Höchststand von über 340 Euro/Mwh, nachdem Russland seine Gasexporte nach Europa gedrosselt hatte, was die Inflation anheizte und die Energierechnungen in die Höhe trieb.

Was treibt den Gaspreis?

Der Rückgang auf 35 Euro/MWh ist auf folgende Haupttreiber zurückzuführen

  • Alternative Gasquellen: Europa hat alternative Gasquellen erschlossen, die es unabhängiger von russischen Lieferungen machen. Im vergangenen Jahr wurden insbesondere Flüssiggaslieferungen auf dem Seeweg gesichert, um die russischen Lieferungen zu ersetzen.
  • Überfüllte Gasspeicher: Europa hat von einem milden Winter profitiert, der die Gasspeicher für die Jahreszeit überfüllt hat. Es ist nun möglich, die Gasspeicher zu 100 Prozent zu füllen, selbst wenn die russischen Lieferungen auf Null sinken sollten.
  • Erneuerbare Energiequellen: Die deutlichen Veränderungen im Energiesektor sind auch auf die Zunahme erneuerbarer Energieträger, insbesondere der Wind- und Solarenergie, zurückzuführen. Zudem haben die europäischen Regierungen den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich intensiviert.
  • Effizienzmaßnahmen, Verhaltensänderungen: Der Gebäudesektor, der Haushalte sowie öffentliche und gewerbliche Einrichtungen umfasst, verzeichnet gegenüber 2021 einen Rückgang des Erdgasverbrauchs um 20 Prozent, was auf einen geringeren Heizwärmebedarf zurückzuführen ist. Gründe hierfür sind die mildere Witterung, verschiedene Energieeffizienzmaßnahmen auf kommunaler Ebene sowie die Akzeptanz und Unterstützung in weiten Teilen der Gesellschaft.

Der Rückgang der Energiekosten hat dazu beigetragen, die Inflationsaussichten zu dämpfen, so dass die Zentralbanken ihre Zinserhöhungen verlangsamen konnten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen vor kurzem um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Ja, aber …

Die Gaspreise sind im historischen Vergleich nach wie vor sehr hoch. Im Jahr 2019 lag der durchschnittliche TTF-Preis unter 15 Euro. Der Höchststand vor der Krise lag im Jahr 2018 bei 29,17 Euro, was selbst inflationsbereinigt immer noch leicht unter dem aktuellen Preisniveau liegt.

Gashändler und Analysten warnten vor Selbstzufriedenheit, da Europa auch im kommenden Winter vor Herausforderungen stehen könnte. Vor allem der milde Winter in Kombination mit einem Rückgang der LNG-Nachfrage in China sei ein glücklicher Umstand. Es fehle der Weitblick.

Die Internationale Energieagentur (IEA) hat in ihrem jüngsten vierteljährlichen Gasmarktbericht darauf hingewiesen, dass das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in diesem Jahr ungewöhnlich vielen Unsicherheiten ausgesetzt ist. Diese reichen vom Wetter über die Verfügbarkeit von Flüssiggas bis hin zur Möglichkeit eines weiteren Rückgangs der russischen Gaslieferungen nach Europa. Die verbleibenden russischen Pipeline-Lieferungen durch die Ukraine und die Türkei machen jetzt weniger als 10 Prozent der europäischen Gasimporte aus, verglichen mit etwa 40 Prozent vor der Invasion, aber Händler glauben, dass ihr Verlust dennoch einen weiteren Preisanstieg auslösen könnte.

Fazit

Die derzeit niedrigen Gaspreise in Europa sind das Ergebnis mehrerer Faktoren, darunter alternative Gasquellen, überfüllte Gasspeicher, der Beitrag erneuerbarer Energien und verschiedene Effizienzmaßnahmen.

Diese Entwicklungen haben zu einer deutlichen Entspannung auf dem europäischen Gasmarkt beigetragen. Dennoch ist vor einer zu optimistischen Sichtweise zu warnen. Die aktuellen Preise sind im historischen Vergleich immer noch hoch, und langfristige Überlegungen sowie Unsicherheiten hinsichtlich der Wetterbedingungen und der russischen Gaslieferungen spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Gashändler und Analysten warnen, dass Europa im kommenden Winter vor neuen Herausforderungen stehen könnte. Es bleibt daher abzuwarten, wie nachhaltig die derzeit niedrigen Gaspreise sind. Eine langfristige Strategie und ein umfassender Blick auf die Marktentwicklung sind entscheidend, um die Auswirkungen auf den europäischen Gasmarkt genau einschätzen zu können.

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Autor Maximilian Hammes

Maximilian Hammes ist Consultant in der Line of Business Utilities bei adesso mit den Schwerpunkten Data Analytics und Prozessmanagement. Als Projektleiter und Requirements Engineer unterstützt er Kunden bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten.

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Autor Stephen Lorenzen

Stephen Lorenzen ist Managing Consultant und seit fast sechs Jahren in der Energiewirtschaft tätig. Er versteht sich als pragmatischer und interdisziplinärer Allroundberater mit mehrjähriger Berufserfahrung in den Bereichen Innovationsmanagement, Requirements Engineering sowie klassischem und agilem Projektmanagement.

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Autor Jonas Schnorrenberg

Jonas Schnorrenberg ist Maschinenbauingenieur und arbeitet bei adesso als Consultant im Bereich Utilities mit Fokus auf der Beratung von Unternehmen in der Energiewirtschaft. Sein Schwerpunkt lag in den vergangenen Jahren auf der Leitung von Projekten im Bereich der Energie- und Kraftwerkstechnik. Nach seinem abgeschlossenen Master in Maschinenbau bildet er sich nun nebenberuflich im Rahmen eines Masters in Business Administration weiter.

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Schlagwörter:

Energiewirtschaft

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