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„Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts“ – dieser Satz kommt den meisten sicher bekannt vor. Obwohl die Bedeutsamkeit von Daten seit Längerem bekannt ist, stehen Versicherungen bei diesem Thema noch immer am Anfang.

Zum einen liegt dies an den Spezifika der Versicherungsbranche. Zwar sind Versicherungsprodukte rein digital, doch aufgrund der geringen Kundenkontaktpunkte besitzen Versicherungen, besonders an der Kundenschnittstelle, nur wenige Daten. Zusätzlich verhindern Aspekte wie strenge Regularien, organisatorisch gewachsene Datensilos oder ein geringer Digitalisierungsgrad die Nutzung der vorhandenen Daten.

Auf der anderen Seite nimmt der Bedarf an datenbasierten Anwendungen immer weiter zu. So fordert vor allem die jüngere Generation flexible, digitale und individuelle Services. Kundinnen und Kunden möchten unabhängig von Ort und Zeit beraten werden und in Sekundenschnelle Versicherungen abschließen – und das möglichst ohne lästigen Papierkram. Unternehmen setzen daher verstärkt auf neue Technologien wie beispielsweise KI, um den veränderten Kundenbedürfnissen zu begegnen, aber auch, um Kosten zu senken und innovative Produkte anzubieten. Besonders kleine Versicherungen verfügen häufig nicht über ausreichende Datenmengen, um solche Technologien selbstständig einzuführen.

Ein Blick in den adesso-Branchenreport zeigt jedoch, dass ein Einsatz neuer Technologien (beispielsweise KI), die Optimierung der Customer Journey und eine Optimierung der Customer Experience die drei zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre für Versicherungen sind. Um die Herausforderungen zu lösen und damit nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben, wird Data Sharing in der Versicherungsbranche enorm an Bedeutung gewinnen.

Data Sharing mit großen Hürden verbunden

Aktuell findet in der Versicherungsbranche noch wenig Datenaustausch statt. Einerseits liegt das daran, dass der Wert von Daten im Vorfeld nur schwer berechnet werden kann. Daten sind keine materiellen Ressourcen, bei denen der Preis durch Gewicht oder sonstige Eigenschaften bestimmt werden kann. Zum anderen spiegelt sich in Daten auch immer geistiges Eigentum (Intellectual Property) einer Versicherung wider. Aus Sorge vor einem Wettbewerbsnachteil scheuen sich viele Versicherungen, besonders im B2B-Bereich, Daten auszutauschen.

Ein weiteres Hindernis sind die strengen und oft auch unklaren Regulationen in der Versicherungsbranche. So stellt die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hohe Anforderungen an den Datentausch bei personenbezogenen Daten. Zusätzlich entsteht, aufgrund von fehlenden Standards, ein hoher Aufwand, um Data Sharing zu betreiben. Schnittstellen und Datenformate müssen individuell angepasst werden, woraus hohe Kosten resultieren.

Um diese Herausforderungen zu lösen, wurde die Initiative Gaia-X ins Leben gerufen. Aber was genau ist das eigentlich?

Was ist Gaia-X?

Gaia-X ist eine Initiative mit europäischem Ursprung zur Schaffung einer sicheren, offenen und souveränen Dateninfrastruktur. Ziel ist es, innerhalb dieser Infrastruktur Daten von Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen zusammenzuführen, zu teilen und darauf aufbauend Daten-Services zu nutzen. Die Dateneigentümerinnen oder -eigentümer besitzen stets die volle Kontrolle und können nachvollziehen, welche Daten von wem und wo genutzt werden.

Daten müssen dafür nicht mehr zentral auf einer Datenbank gespeichert werden, sondern können dezentral verwaltet werden. So ist es zum Beispiel möglich, gemeinsam mit anderen Unternehmen ein KI-Modell mit dezentralen Daten föderal zu trainieren. Die Daten müssen nicht mit anderen Teilnehmenden ausgetauscht werden, sondern verbleiben bei den Dateneigentümerinnen und eigentümern. Damit solch ein dezentrales Ökosystem funktioniert, sind einheitliche Regeln und Standards notwendig.

Zur technischen Umsetzung wurde eine gemeinnützige Vereinigung namens „Gaia-X AISBL“ gegründet. Diese kümmert sich um die Festlegung und Entwicklung der Regeln, Standards und notwendige Funktionen, um das dezentrale Netzwerk betreiben zu können. Darüber hinaus sind Branchenvertreter und Anwender in Gaia-X Hubs organisiert, um branchenspezifische Anforderungen zu definieren und Business Cases zu entwickeln.

Insgesamt unterstützen mittlerweile mehr als 2500 Personen aus über 300 Organisationen die Initiative. Der Zeitplan für die Umsetzung ist straff. Erstmals vorgestellt wurde die Initiative 2019. Bereits in diesem Jahr sollen laut Francesco Bonfiglio, dem CEO von Gaia-X AISBL, erste Dienste angeboten werden und 2023 breitflächig im Markt etabliert werden.

Gaia-X bietet Versicherungen enormes Potenzial

Durch die geringen Einstiegshürden ins Data Sharing und die sichergestellte Souveränität steigt die Bereitschaft zwischen Versicherungen und anderen Unternehmen, Daten zu teilen. Aufgrund einheitlicher Standards und DSGVO-konformer Anwendungen können die Kosten für Data Sharing enorm gesenkt werden. Daten können genutzt werden, um Risiken besser einzuschätzen, die Effizienz zu steigern, aber auch, um die Zusammenarbeit verschiedener Teilnehmer der Wertschöpfungskette zu verbessern.

Zudem steigt die Bereitschaft bei Bürgerinnen und Bürgern, in einem vertrauensvollen Umfeld wie Gaia-X Daten mit Versicherungen zu teilen. Im Gegenzug können Versicherungen individuelle und innovative Dienstleistungen anbieten. Das Geschäftsmodell kann sich so zum Beispiel von der reinen Risikoübernahme hin zur Schadensverhinderung und Unterstützung des Kunden durch präventive Maßnahmen entwickeln.

Der Kern des Versicherungsgeschäfts ist datengetrieben. Risiken werden auf Basis von Vergangenheitsdaten berechnet. Trotzdem haben viele Unternehmen in der Branche Schwierigkeiten, datengetriebene Anwendungen gewinnbringend einzusetzen. Durch Gaia-X wird ein Ökosystem geschaffen, bei dem Versicherungen souverän Daten austauschen können und so ein Einsatz von neuen und innovativen Services ermöglicht wird. Versicherungen sollten daher nicht länger zögern und bei Gaia-X partizipieren.

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Bild Steffen Spliethoff

Autor Steffen Spliethoff

Steffen Spliethoff ist seit Mai 2021 als Associate IT Consultant für adesso tätig. Seine Themenschwerpunkte sind die Business-Analyse sowie das Requirements Engineering. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit datengetriebenen Technologien im Versicherungskontext.

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