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Es ist klar, wo die Reise hingeht: die Welt wird digitaler. Und warum sollte gerade der Zahlungsverkehr hiervon ausgenommen sein? Digitale Zahlverfahren bringen zahlreiche Vorteile mit sich, wie (real-time) Zahlungsgarantien, widerrufsfreie und neue Zahlungsmöglichkeiten, aber auch die Imagesteigerung zum innovativen, digitalen Versicherer. Nicht nur meine Kolleginnen und Kollegen bei adesso insurance solutions, sondern auch andere Beratungshäuser informieren regelmäßig über die Vorteile und neuen Möglichkeiten für Versicherer. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat bereits vor über sechs Jahren im Praxis-Leitfaden Alternative Zahlverfahren seine Mitglieder über die Mehrwerte beraten. Aber heute geht es mir nicht darum, euch von den Vorteilen zu berichten. Ihr seid bereits an diesem Punkt angelangt: Ihr wollt es umsetzen. Aber was muss man hierfür tun und worauf muss man achten? Der folgende Beitrag soll euch zeigen, dass es sich zwar um ein komplexes, aber auch beherrschbares Thema handelt.

Was macht ein Zahlverfahren „digital“?

Deutschland ist das Land der Lastschrift. Sie ist unkompliziert und kostengünstig. Zählt man noch die Geldüberweisung hinzu, so werden ca. 85 bis 90 Prozent (Seidenschwarz, Holger und Wittmann, Georg (2018): Studie Bezahlverhalten von Versicherungskunden - heute und morgen, 04.12.2018. Online verfügbar, zuletzt geprüft am 03.06.2024) aller Prämienforderungen von Versicherern mit diesen Zahlungsmitteln beglichen. Der Anteil sinkt jedoch stetig und wird durch alternative Zahlverfahren ersetzt. Bei alternativen bzw. digitalen Zahlverfahren (in diesem Beitrag Synonyme) handelt es sich um Zahlverfahren, die uns vor allem im E-Commerce begegnen und nicht zu den klassischen Zahlungsmitteln Lastschrift, Überweisung oder Scheck gehören. Beispiele sind:

  • Online-Überweisungsmittel wie Sofort (Klarna) und giropay
  • Kredit- und Debitkarten wie Visa und Mastercard
  • E-Wallets wie PayPal, Google Pay oder Apple Pay
  • Kryptowährungen wie Bitcoin

Wie kann ich neue Zahlverfahren anbieten und was ist ein „PSP“?

Ihr möchtet das Sortiment an Zahlverfahren lediglich um ein bis zwei Alternativen erweitern, bspw. Sofort oder Google Pay? Technisch ist das kein Problem: die APIs sind gut dokumentiert und Zugänge sowie Verträge schnell aufgesetzt. Manche Zahlverfahren haben zudem geringere Hürden: So muss sich die Kundschaft bei Sofort nicht registrieren und die Auszahlung kann direkt auf das bereits bestehende Hausbankkonto erfolgen. Belässt man es zudem bei Einmalzahlungen und ist mit einer manuellen Verbuchung der Geldeingänge zu Beginn einverstanden, so müssen die Kernsysteme nur gering angepasst werden und die Aufwände liegen primär im Frontendbereich. In der Regel sieht die Strategie jedoch weitere Prozesse und einen höheren Automatisierungsgrad vor, was zu wesentlichen Herausforderungen führen kann (siehe im Artikel weiter unten).

Klassischerweise ist zudem ein breiteres Sortiment an Zahlverfahren angedacht und die Option, leicht weitere Zahlverfahren ergänzen zu können, klingt ebenfalls charmant. Um hierbei anfallende Integrationsaufwände möglichst gering zu halten, wird auf sog. Payment Service Provider (PSP, zu Deutsch: Zahlungsdienstleister) zurückgegriffen. Solltet ihr mit dem Gedanken spielen direkte Kreditkartenzahlungen anzubieten, ist man auf Grund von Branchenanforderungen ohnehin fast alternativlos und muss den Weg via PSP gehen (Stichwort „PCI-DSS“).

Ein PSP kann als technischer Vermittler verstanden werden, der die Anbindung zu diversen Zahlverfahren realisiert und in einer einzigen API konsolidiert. Über die geringeren Integrationsaufwände hinaus partizipiert man an der ständigen Weiterentwicklung, bspw. in Form von Add-on Services oder neuen Zahlmitteln wie Crypto. Im Gegenzug möchte der PSP natürlich etwas für seine Dienstleitung: Zu den Kosten der eigentlichen Zahlverfahren kommt ein kleiner, i. d. R. vom Transaktionsvolumen abhängiger, Obolus hinzu.

Welcher PSP ist der Richtige für mich?

Die Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Diverse Faktoren müssen zur Strategie des eigenen Hauses passen. Grundsätzlich ist der Markt an Payment Service Providern groß und auf den ersten Blick recht homogen. Die Unterschiede liegen wie immer im Detail und die Bewertung ebendieser Details ist abhängig von den eigenen Anforderungen. Der eigentliche Auswahlprozess kann im altbekannten Modus erfolgen: die eigenen Anforderungen verstehen, sich einen Eindruck über die relevanten Dienstleister machen und die Entscheidung fällen. Die Krux an der Sache liegt jedoch vor allem im ersten Schritt: die eigenen Capabilities sowie Umsetzungsziele gut (!) verstehen und entsprechende Anforderungen ableiten. Zur Unterstützung stellt der GDV in seinem Praxis-Leitfaden hilfreiche Checklisten zur Verfügung, die gepaart mit Expertenwissen zur richtigen Einschätzung führen werden.

Capability der eigenen Systemlandschaft verstehen

Einen Bezahldialog im eigenen Frontend aufzubauen oder zu ergänzen, ist technisch vermutlich die geringste Hürde. Die wahre Herausforderung ist es, die Capability zu schaffen, dass alternative Zahlwege und die damit verbundenen Prozessabläufe in der aktuellen Systemwelt abgebildet werden können. Dies steht in direkter Abhängigkeit zu den Anforderungen, die man an die neuen Verfahren stellt. Die folgenden Beispielfragen sollen die daraus potenziell resultierenden Anforderungen verdeutlichen:

  • Sollen Zahlungseingänge real-time und automatisch zugeordnet werden?
  • Sind wiederkehrende Geldeinzüge oder Refunds gewünscht?
  • Sollen Rückläufer und Chargebacks automatisch verarbeitet werden?
  • Soll das Zahlverfahren einfach und durch die Kundin/den Kunden selbst geändert werden können?

Der Löwenanteil dieser Anforderungen liegt selbstverständlich im In-/Exkasso-System, jedoch sind auch weitere Domänen wie die Produktmodellierung, die Spartensysteme oder Partner von leichten Anpassungen betroffen. Standardsoftware wie die in|sure Ecosphere bringt die erforderliche Capability mit, bei Bestandslösungen muss individuell bewertet werden. Für die Bewertung ist es zwingend erforderlich, dass die zukünftigen Prozessabläufe und möglichen Umsetzungsalternativen stets vor Augen gehalten werden.

Viele Wege führen nach Rom: Wie soll es nun umgesetzt werden?

„Ich möchte bei uns neue Zahlverfahren einführen.“ ist schnell ausgesprochen und das gewünschte Zielsortiment an Zahlverfahren vermutlich fix abgestimmt. Die eigentlichen Aufwände und Entscheidungen stehen jedoch noch aus. Detailfragen müssen im Hinblick auf die aktuellen Abrechnungsprozesse gut beleuchtet werden:

  • Wie muss das Buchungskonzept je Zahlverfahren oder je PSP erweitert werden, um den Zahlfluss abstimmen zu können?
  • Wie werden wiederkehrende Zahlungen realisiert: selbstgesteuerter Einzug oder Abonnement-Funktion eines PSPs?
  • Wird die API des Anbieters aus den Zahlungs-/Buchungsprozessen synchron oder asynchron angesprochen?
  • Wird die Pay-by-Link Funktionalität des PSPs genutzt oder wird eine maßgeschneiderte Lösung implementiert?
  • Erhalten Rechnungen und Mahndokumente einen QR-Code? Wird das ausgewählte Zahlverfahren und die Einzugslegitimation für darauffolgende Zahlungen gespeichert?

Hierbei handelt es sich nur um einen Auszug aus dem Katalog mit Fragen, die man sich stellen muss bzw. im Verlauf stellen wird. Die Kernnachricht an dieser Stelle ist: Es ist wichtig vorab alle Optionen zu kennen und diese mit den Capabilities der eigenen Systemlandschaft abzugleichen.

Fazit

Digitale Zahlverfahren werden immer populärer und bringen sowohl für den Versicherer als auch den Endkundinnen und -kunden diverse Vorteile mit sich. Die Auswahl der richtigen Integrationsstrategie und -partner muss jedoch gut überlegt sein. Eine hohe Anzahl an Umsetzungsalternativen lässt notwendige Freiheiten, erhöht jedoch zeitgleich die Komplexität. Nichtsdestotrotz ist die Komplexität beschränkt und mit dem richtigen Partner beherrschbar.


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Autor Wenzel Zern

ist seit 2017 für adesso SE tätig. In den unterschiedlichsten Rollen berät und unterstützt er seine Kundschaft tatkräftig in den Bereichen Payment Solutions und Abrechnungssysteme.

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