15. September 2023 von Philipp Mader
Die digitale Rentenübersicht: Ein Leitfaden
Willkommen im digitalen Zeitalter der Rente
Seit dem 30. Juni 2023 befindet sich die digitale Rentenübersicht, initiiert von der Deutschen Rentenversicherung und finanziert durch Bundesmittel, in einer öffentlichen Pilotphase zur Erprobung und Bewertung. „Für die in Deutschland tätigen Lebensversicherer ist der Aufbau der digitalen Rentenübersicht schon lange ein wichtiges Anliegen für mehr Transparenz in der Altersvorsorge“, sagt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Liebe Versicherungsanbieter, genau hier entsteht nun ein entscheidender Handlungsbedarf. Stellt euch die Mühe vor, die eure Kundinnen und Kunden auf sich nehmen müssen, um ihre Rente zu planen: ein ganzer Stapel an Papierdokumenten, die jahrelang in einer Schublade verschwunden waren. Unpraktisch, oder? Das muss nicht so bleiben. Mit der Einführung der digitalen Rentenübersicht eröffnen sich neue Möglichkeiten, nicht nur für die Endkundinnen und -kunden, sondern auch für die gesamte Versicherungsbranche.
In diesem Blog-Beitrag möchte ich euch näherbringen, was genau die digitale Rentenübersicht ist, warum die Plattform einen wichtigen Schritt zur transparenteren Altersvorsorge darstellt und wie Versicherungsunternehmen sich darauf einstellen sollten.
Was ist die digitale Rentenübersicht?
Die digitale Rentenübersicht ist eine Online-Plattform unter dem Dach der Deutschen Rentenversicherung, die einen vollständigen Überblick über alle Rentenansprüche bietet, die ihr im Laufe eures Lebens angesammelt habt. Das schließt sowohl die gesetzliche als auch die private und betriebliche Altersvorsorge ein. Das bedeutet, dass ihr nicht mehr mehrere Informationsquellen konsultieren müsst, um ein klares Bild eurer zukünftigen Rente zu bekommen. Das Angebot ist selbstverständlich kostenlos. Die jährlichen Informationsmitteilungen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie von Anbietern zusätzlicher Altersvorsorgemodelle werden euch nach wie vor als Brief zugestellt. Die digitale Rentenübersicht dient als solide Basis sowohl für die individuelle Planung der eigenen Altersvorsorge als auch für vertiefende Beratungsgespräche mit Expertinnen und Experten. Zur weiteren Verwendung ist es zudem möglich, die Daten aus der digitalen Plattform als CSV-Datei zu exportieren.
Warum ist die digitale Rentenübersicht so wichtig?
Für Expertinnen und Experten sowie Bürgerinnen und Bürger ist Transparenz im Bereich der Altersvorsorge von entscheidender Bedeutung. Bislang war es schwierig, eine klare Übersicht über die verschiedenen Rentenansprüche zu erhalten. Wer einen solchen Überblick wollte, musste zahlreiche Dokumente durchsuchen oder eine professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Das bedeutet aber nicht, dass eine individuelle Rentenberatung von nun an überflüssig ist. Der Fokus kann sich jedoch auf die Berechnung der Rentenlücke und auf die Maßnahmen zu deren Schließung verlagern.
Zum Start der digitalen Rentenübersicht waren Daten der gesetzlichen Rentenversicherung, der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder sowie von Union Invest verfügbar. Mittlerweile ist die Liste nur um fünf weitere Anbieter angewachsen (Stand September 2023).
Hier zeigt sich eine große Schwachstelle der digitalen Rentenübersicht. Aktuell wirken nur eine Handvoll Anbieter privater Altersvorsorgeprodukte mit. Über hundert Lebensversicherungen und Anbieter betrieblicher Altersvorsorge fehlen bei der aktuellen Testphase. So ist noch kein Gesamtüberblick über die Altersvorsorgesituation und die Berechnung einer drohenden Rentenlücke möglich.
Wie kann ich mich bei der digitalen Rentenübersicht anmelden?
Die digitale Rentenübersicht ist über ein Webportal erreichbar, auf dem ihr euch mit eurem digitalen Personalausweis (eID) anmelden könnt. Hier offenbart sich eine weitere Schwäche. Um den eigenen Personalausweis nutzen zu können, muss die Online-Ausweisfunktion aktiviert und auch die sechsstellige PIN bekannt sein. Für Letzteres benötigt man seinen PIN-Brief – wer diesen so wie ich verlegt hat, muss sich einen PIN-Rücksetzbrief an den Hauptwohnsitz zuschicken lassen.
Wer diese erste Hürde gemeistert hat, steht auch schon vor der nächsten Herausforderung. Zum Registrieren benötigt man ein Smartphone oder Tablet mit NFC-Funktion (bzw. einen Computer mit Kartenlesegerät) und die aktuelle Version der AusweisApp2. Folgt man nun den Anweisungen in der AusweisApp2 bis zur PIN-Eingabe, fehlt nur noch die Eingabe der Steuer-ID im Service der Deutschen Rentenversicherung.
Im nächsten Schritt stellt man eine neue Anfrage zum aktuellen Stand der Altersvorsorgeansprüche. Hier unterscheidet man zwischen einer Abfrage bei allen oder nur bei ausgewählten Anbietern. Nach höchstens fünf Tagen sollen alle Informationen zu den abgefragten Rentenbausteinen vorliegen. Bei meinem Test waren zumindest die Daten der gesetzlichen Altersvorsorge sofort verfügbar.
Die abgerufenen Daten zu den vorhandenen Ansprüchen aus der Altersvorsorge sind gut aufbereitet. Neben dem regulären Rentenbeginn werden folgende Beträge übersichtlich dargestellt:
Leider sind die angezeigten Daten der gesetzlichen Rentenversicherung, der privaten und der betrieblichen Altersvorsorge für Laien nur bedingt vergleichbar. Daher sollte man auf eine persönliche Rentenberatung durch eine Expertin oder einen Experten weiterhin nicht verzichten.
Meine Empfehlungen für Versicherungsunternehmen und Versicherte
In der digitalen Welt von heute ist es mehr denn je wichtig, die Kontrolle über die eigenen Finanzen und insbesondere die Altersvorsorge zu haben. Die digitale Rentenübersicht bietet hierfür eine hervorragende Grundlage. Wir empfehlen allen, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und die Möglichkeiten, die diese digitale Plattform bietet, voll auszuschöpfen. Denn jährlich erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland Standmitteilungen, die über ihre aktuellen Rentenansprüche informieren. Um eine umfassende Übersicht über die eigene Altersvorsorge zu erhalten, ist es erforderlich, alle entsprechenden Schreiben der Deutschen Rentenversicherung sowie weiterer Vorsorgeanbieter zu sammeln und die relevanten Informationen gezielt herauszufiltern. Allerdings kann es eine wahre Herausforderung sein, den Überblick über alle Standmitteilungen, die oft von unterschiedlichen Anbietern kommen, zu behalten. Hier kommt die digitale Rentenübersicht ins Spiel.
Während der Testphase bis Ende 2023 evaluiert die Deutsche Rentenversicherung Verbesserungsvorschläge und erprobt diese. In Zukunft wird die digitale Rentenübersicht in ihren Funktionen, den Anbietern und dem Umfang der verfügbaren Daten erweitert. Neben Informationen zur gesetzlichen Rente werden auch Daten von betrieblichen Altersvorsorgen und Pensionskassen integriert. Des Weiteren wird die Plattform geförderte private Altersvorsorgemodelle wie Riester- und Basis-Renten in die Darstellung aufnehmen.
Gerade wenn es um sensible persönliche Daten geht, steht der Datenschutz im Vordergrund. So lässt sich zumindest die aufwendige Identitätsprüfung und Anmeldung zur digitalen Rentenübersicht erklären. Wer die von mir genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder den Einstieg schlichtweg nicht bewältigt, hat das Nachsehen. Es gibt keine andere Möglichkeit, sich für die digitale Rentenübersicht freischalten zu lassen. Hier könnte man auf andere Lösungen von Drittanbietern zur Identitätsprüfung zurückgreifen, um noch mehr Bürgerinnen und Bürger für die digitale Rentenübersicht zu befähigen.
Bisher ist die Anbindung an das System für Versicherer freiwillig. Obwohl das Gesetz bereits eine Verpflichtung vorsieht, wurde der konkrete Stichtag noch nicht festgelegt. Sobald diese Verpflichtung in Kraft tritt, werden alle Anbieter von Altersvorsorgeprodukten, die bereits gemäß § 7 Absatz 1 Satz 3 und 4 des Rentenüberleitungsgesetzes (RentÜG) zur regelmäßigen Versendung von Altersvorsorge-Informationen verpflichtet sind, davon betroffen sein. „Vor allen Beteiligten liegt noch ein gutes Stück Arbeit. Die Lebensversicherer arbeiten mit Hochdruck an der technischen Anbindung an das Portal“, so Asmussen. Die Verantwortung für den Erfolg der digitalen Rentenübersicht liegt nun maßgeblich bei den Lebensversicherungsunternehmen. Dabei kann die Beteiligung an einer staatlich geförderten Initiative das Image eines Versicherers als verantwortungsbewusstes und kundenorientiertes Unternehmen stärken. Die digitale Rentenübersicht gibt Versicherern auch tiefere Einblicke in die Bedürfnisse und das Verhalten ihrer Kundinnen und Kunden. Dadurch können personalisierte Finanz- und Versicherungsprodukte entstehen, die besser auf die individuellen Bedürfnisse der Endkundinnen und -kunden abgestimmt sind. Beim Aufbereiten der Vertragsdaten, der Datenhaltung und Bereitstellung an die digitale Rentenübersicht ist adesso kompetenter Partner für Versicherer.
Weitere spannende Themen aus der adesso-Welt findet ihr in unseren bisher erschienenen Blog-Beiträgen.
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