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Bestandsaufnahme Agilität

Eine Studie der Unternehmensberatung PPI aus dem Jahr 2016 ergab, dass sieben von zehn Banken ihre IT-Entwicklungsprojekte im Betrachtungszeitraum der Studie auf agile Methoden umgestellt haben. Das belegt auch ein Blick in die deutsche Bankenbrache: Die ING gilt als „erste agile deutsche Bank“ als Vorreiter in Sachen agiler Organisationsumstellung. Doch auch die HypoVereinsbank und die Kreditanstalt für Wiederaufbau haben agile Erfolgsgeschichten zu erzählen.

Hat die Agilität ihren endgültigen Siegeszug also bereits angetreten? Wie so oft, sind rhetorische Fragen mit einem „Nein“ zu beantworten. Agilität hat ihren Platz - vor allem in der Produktentwicklung. Hier spielen kürzere Time-To-Market eine wichtige Rolle, Innovationen erhalten ihren Platz und der Entwicklungsprozess wird verschlankt. Vor allem FinTechs machen das den „Platzhirschen“ auf dem Bankenmarkt deutlich.

Doch auch Agilität bringt Probleme mit sich. So hat die „erste agile deutsche Bank“ große Einbrüche bei der Mitarbeiterzufriedenheit zu verkünden, seit die Bank agil organisiert ist. Der Future Organization Report der Universität St. Gallen liefert hier eine Momentaufnahme über den Status agiler Transformation im deutschsprachigen Raum. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass nur 30 Prozent der befragten Führungskräfte Agilität in ihrer Organisation als hoch einschätzen. Bei den befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind es sogar nur 21 Prozent.

Es scheint, als stünde die agile Transformation, die oftmals als Selbstverständlichkeit im Unternehmen angesehen wird, noch weitab von einem konkreten Abschluss. Die agile Transformation hat auf dem Bankenmarkt mit einer zusätzlichen Herausforderung zu kämpfen: Auf diesem stark konservativen Markt wird Agilität nämlich oftmals nur als reines Werkzeug der IT verstanden.

Schlussfolgerungen für nichtagile Projekte

Doch was nun? Einfach die Flinte ins Korn werfen? Auch hier lautet die Antwort wieder einmal „Nein“. Agile Methoden eignen sich ausgezeichnet zur eigentlichen Entwicklung. Schon durch interdisziplinäre Teams und den Fokus auf Kommunikation, kann ein Projekt gewisse Mehrwerte gewinnen. Das Zusammenbringen von IT- und Fachabteilungen reduziert dabei die Abweichung von bestimmten Erwartungen und dem tatsächlichen Ergebnis eines Projekts. Runtergedampft ist das Problem des altbekannten Baumschaukelcartoons ein Kommunikationsproblem – und das lösen die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Feedback Loops.

Ein großer Vorteil agiler Methoden sind eben diese Feedback Loops. Dabei handelt es sich um Rückmeldungsschleifen für Beschwerden, die eine organisationsübergreifende Form der Rückmeldung ermöglicht. Machen wir einen Realitätsabgleich: Anstatt einen Kommunikationsfehler in der Entwicklungsphase potenzieren zu lassen, werden die Ergebnisse schnell an die Stakeholder kommuniziert. So kann in einer frühen Projektphase gegensteuert werden. Auch wenn dieses Vorgehen viele Change Requests nach sich zieht, ist es besser, wenn der Änderungsbedarf so früh wie möglich erkannt wird. So können in einer frühen Phase Risiken und Nutzen eingeschätzt werden, anstatt am Ende einer Abnahme zahlreiche Change Requests zu haben.

Daher gilt es, die fachlichen Stakeholder möglichst früh in das Projekt einzubinden – und das nicht nur zu fachlicher Mitarbeit bei der Erstellung von Analysen und Anforderungen. Hier ist es wichtig, fachliche Stakeholder häufiger mit den Ergebnissen der Entwicklung zu konfrontieren und möglichst früh Kritik einzuholen. Gleichzeitig sollten die Erwartungen der Stakeholder, dass in dieser Phase bereits ein fertiges Produkt zur Verfügung steht, eingedämmt werden.

Hier kommt der Interaction Room zum Einsatz

Ein konkretes Mittel zur Umsetzung interdisziplinärer Zusammenarbeit in frühen Stufen eines Projekts ist der Interaction Room. Bei einem Interaction Room erarbeiten Vertreter von IT- und Fachabteilungen in gemeinsamen Workshops die Anforderungsanalyse. Die Ziele des Interaction Rooms bestehen vor allem darin, Verständnis zu schaffen, Kommunikations- und Verständnisprobleme möglichst früh transparent zu machen und diese zu lösen. Mit einfachen und für beide Seiten verständlichen Visualisierungsmethoden, werden Prozesse und Lösungen diskutiert. IT- und Fachabteilungen rücken damit näher zusammen.

Der Interaction Room eignet sich aber lediglich als Grundstein für ein gemeinsames Verständnis des Fortschritts. Es liegt dann in der Eigenverantwortung des jeweiligen Unternehmens, dass die Zusammenarbeit von IT- und Fachabteilungen nach dieser ersten Anforderungsanalyse nicht einschläft.

Fazit

Die Agilität hat ihren endgültigen Siegeszug noch nicht angetreten, aber sie ist gekommen, um zu bleiben. Die genannte Neuausrichtung der ING zeigt, dass auch auf einem konservativen Markt, wie dem Bankenmarkt, Platz für agile Organisationen ist. Ob es sich zu einem universellen Ansatz entwickeln kann, bleibt auch im Jahre 2020 eine offene Frage.

Im Allgemeinen scheinen die meisten Banken besser damit beraten zu sein, klassische Projektarbeit mit agilen Methoden zu kombinieren, um zumindest die Vorteile der Agilität in Teilen zu genießen. Dies bedeutet, die frühe und stetige Einbindung der fachlichen Stakeholder eines Projekts muss auf verschiedensten Ebenen erfolgen. Ein interdisziplinäres Verständnis von Problemen und Lösungen wird im schlechtesten Fall dazu führen, dass Missverständnisse zur Sprache kommen. Hier gilt: Lieber erfolgreich „agil machen“ als ohne Erfolg „agil sein“.

Auf unseren Webseiten erfahrt ihr mehr darüber, wie die Vorteile der agilen Softwareentwicklung mit planerischer Sicherheit kombiniert werden können und wie ihr euren Projekten im Interaction Room den nötigen Raum gebt.

Bild Dominik  Alteepping

Autor Dominik Alteepping

Dominik Alteepping ist in der Line of Business Banking bei adesso tätig. Als Teilprojektleiter, Business Analyst oder Product Owner verantwortet er Analyse- und Steuerungstätigkeiten in Kundenprojekten.

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